David Shaw, Vizepräsident der Polizei in der mittelenglischen Metropole Birmingham, bedankte sich am Freitagmorgen bei den Bürgern der Stadt für die "gute Zusammenarbeit" und lobte ausdrücklich die "öffentliche Unterstützung aus allen Gruppen der Bevölkerung". Schließlich sei der Einsatz der vergangenen Tage "stets mehr gewesen als eine Polizeiaktion". Jetzt gelte es, "alles dafür zu tun, dass wir diese Art von Kriminalität verhindern".

Kein einziges Mal nahm Shaw das Wort Muslime in den Mund, dabei drehten sich seine Sätze um nichts anderes. Am Mittwoch vergangener Woche stellten mehr als 700 Polizisten mehrere überwiegend muslimisch geprägte Stadtviertel auf den Kopf, durchsuchten zwölf Häuser und Büros und nahmen neun Männer unter einem ungeheuerlichen Verdacht fest. Angeblich hatten sie die Entführung, Folterung und Ermordung eines Glaubensbruders geplant, der in der britischen Armee dient. Die Enthauptung des Opfers hätte gefilmt und im Internet gezeigt werden sollen, so das Ergebnis sechsmonatiger verdeckter Ermittlungen der Polizei und des Inlandsgeheimdienstes MI5.

Die Festnahmen und Durchsuchungen sorgten in den betroffenen Vierteln Alum Rock, Sparkbrook und Edgbaston für Verunsicherung, teils auch für hysterische Reaktionen. Muslime würden als Bedrohung stigmatisiert "wie die Juden in Nazi-Deutschland", behauptete der Vorsitzende der Birminghamer Zentralmoschee, Mohammad Naseem.

Von den ursprünglich neun Festgenommenen wurden am Freitag fünf Männer im Alter von 29 bis 43 Jahren offiziell beschuldigt und dem Amtsrichter vorgeführt. Ob Muslime wie Moschee-Funktionär Naseem nun ihre Behauptungen vom Polizeistaat à la Nazi-Deutschland zurücknehmen? Dafür spricht kaum etwas. Die Regierung hat gerade ein fünf Millionen Pfund (7,5 Mio. Euro) teures Programm aufgelegt, um Gemäßigte unter den knapp zwei Millionen britischen Muslimen zu stärken. Immerhin 18 Prozent muslimischer Männer erklärten in einer Umfrage, sie empfänden keine Loyalität gegenüber Großbritannien. (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.2.2007)