Die Eckdaten im Kosovo sind seit Jahren besorgniserregend. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 50 Prozent, das monatliche Einkommen sinkt in den letzen Jahren stetig, zwei Drittel der Bevölkerung lebt im strukturschwachen ländlichen Raum, nur ein Viertel ist am Kanalisationsnetz angeschlossen, selbst in der Hauptstadt Pristina. "Hier eine Entwicklung zu bewirken wird eine der größten Herausforderungen der Zukunft werden," meint Knaus.
Hohe Erwartungen
Eine Zukunft, die trotz bevorstehender Statusklärung alles andere als gewiss ist. Spätestens im Sommer, so ist in kosovarischen Medien zu lesen, wolle man eine endgültige Lösung der Statusfrage, so lange reiche die Geduld noch. Die Erwartungshaltung, erzählt Verena Knaus im derStandard.at-Gespräch, dass sich die Dinge mit der Klärung der Statusfrage ändern, ist hier unheimlich groß". Zwar versuchen kosovarische Politiker die Erwartungen zu zügeln, der große finanzielle "Schock der Unabhängigkeit" stehe aber noch bevor.
Schließlich soll das Kosovo seinen Anteil an den Vermögenswerten und Schulden des zerbrochenen Staates Jugoslawien selbst übernehmen. Und außerdem, so Verena Knaus, wird die Umsetzung selbst eine kostspielige Sache werden. Allein der Aufbau eines Staatsapparates werde Unmengen an Geld verschlingen. So bleiben die Investitionen in die bitter notwendige Infrastruktur vorerst weiter hintan gestellt.
Internationale Geber
Zwar wurde eine Internationale Geberkonferenz einberufen, um den finanziellen "Schock" anhand einer Prioritätenliste aus Pristina abzufedern, aber auch die soll sich vor allem auf die Umsetzung des Status´ konzentrieren. Wieviel Geld die Internationale Gemeinschaft dafür zur Verfügung stellt, ist allerdings noch unklar.
Das Kosovo tut viel für eine offizielle Identität als unabhängiger Staat. Eine eigene Flagge, die Staatsbürgerschaft, eine Hymne, es geht vor allem darum, die serbische Souveränität über die Provinz hinter sich zu lassen. "Für die albanische Mehrheit ist es eine unglaubliche Erleichterung, dass es kein Zurück mehr nach Serbien gibt, da wird auch in Kauf genommen, dass es kein unmittelbares Vorwärts gibt," analysiert Verena Knaus, die seit Jahren wissenschaftliche Feldforschung im Kosovo betreibt.
Serbische Minderheit
Aus ihrer Sicht eine uneinschätzbare Variable: die Reaktion der serbischen Minderheit auf das Statuspaket. "Das Gros der serbischen Minderheit hat aber nur das Verlangen nach Deeskalierung und Ruhe." Über die Details der serbischen Selbstbestimmungsrechte sollen Serben und Albaner im Februar verhandeln. Die UN-Resolution könnte bis Mitte des Jahres verabschiedet werden, falls Russland sich als Serbiens "Schutzmacht" nicht quer legt. Spätestens dann müsste der wirtschaftliche Aufbau des Kosovo in die Gänge kommen.