Klaus Theweleit
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Freiburg - Klaus Theweleit ist mit "Männerphantasien" quasi über Nacht berühmt geworden. Mit seiner Doktorarbeit in zwei Bänden, die den ungewöhnlichen und zugleich griffigen Titel trug, machte er sich vor genau 30 Jahren auch bei einem größeren Publikum einen Namen. Er wurde für viele LeserInnen zu einem linken Querdenker. Heute arbeitet der in Ostpreußen geborene Theweleit als freier Autor und Kunstprofessor. Am Mittwoch, den 7. Februar wird der in Freiburg lebende Schriftsteller und Kulturwissenschaftler 65 Jahre alt.

Ausführliche Darstellung

"Kurze, schnelle Antworten auf die drängenden Fragen des Lebens führen uns nicht weiter. Sie greifen zu kurz", sagt Theweleit. Der 65-Jährige will den Dingen auf den Grund gehen. Bekannt ist der Soziologe, Literaturwissenschaftler, Kulturtheoretiker und Philosoph für die Ausführlichkeit seiner Texte. Die meisten seiner Werke haben weit mehr als 1000 Seiten.

KritikerInnen werfen Theweleit vor, die Texte seien zu ausführlich und gleichzeitig belanglos. "Es steckt viel drin in den tausend Seiten, aber es kommt zu wenig heraus", schrieb beispielsweise 1999 die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Sog des Faschismus

Mit seiner Doktorarbeit traf Theweleit den Nerv des Publikums. Seine Dissertation 1977 und 1978 über "faschistisches Bewusstsein und der soldatischen Prägung des Ich" bildeten die Grundlage für das Buch "Männerphantasien". Darin geht Theweleit mit Hilfe von Freikorpsliteratur der Frage nach, welcher Typ Mann im Dritten Reich in den Sog des Faschismus geriet.

"Die Frage ist hoch aktuell", sagt Theweleit. Es gehe darum, wie ein Mensch ein Nazi und ein zum Töten bereiter Soldat werden könne. Sein Ziel sei es, die LeserInnen zu einer Auseinandersetzung mit dieser Frage zu bewegen. Eine wichtige Rolle nehme dabei das Verhältnis zwischen Mann und Frau ein.

Weiterhin Interesse an "Männerphantasien"

"Männerphantasien" ist bis heute Theweleits bekanntestes Werk. Es wurde in fünf Sprachen übersetzt. Allein zum Start Ende der 1970er Jahre gingen nach Angaben des Frankfurter Stroemfeld-Verlags die ersten 7500 Ausgaben über die Ladentheken. Auch mehr als 20 Jahre nach der Veröffentlichung verkauft sich das Werk noch immer, sagt Verleger Karl D. Wolff.

Auch in seinen weiteren Werken beschäftigte sich der Literaturwissenschaftler mit dem Verhältnis der Geschlechter. So behauptete er 1988 im "Buch der Könige", die Produktion männlicher Kunst basiere auf weiblichen Menschenopfern. Als Beleg für seine These zog er unter anderem den Dichter Gottfried Benn und dessen Frau Herta heran. Der Tod von Herta Benn beendete eine Schaffenkrise des Dichters.

1990 erschien das Buch "Objektwahl. All You Need Is Love", in dem Theweleit Strategieren zur Paarbildung unter die Lupe nahm, etwa bei Sigmund Freud und Alfred Hitchcock. Im "Buch der Könige II" (1994) geht es um die Frage, in welchen Verhältnis KünstlerInnen zur Macht stehen, besonders zum Faschismus. Das "Tor zur Welt" (2004) analysiert Fußball als Grundschicht der Sozialisation, als erstes verlässliches Wissens- und Orientierungssystem unserer Gesellschaft.

Terror-Forschung

In anderen Werken beschäftigt sich Theweleit mit militärischen Auseinandersetzungen und dem Terror des 21. Jahrhunderts. 2002 analysierte er die Terror-Anschläge vom 11. September 2001 in den USA und die Reaktion der Medien. Sein jüngstes Buch, 2005 herausgeben, behandelt unter dem Titel "friendly fire. Deadline-Texte" unter anderem den Krieg im Irak und die Folter im US- Gefängnis Abu Ghraib.

Theweleit, Mitglied des deutschen PEN-Zentrums, arbeitet seit 1998 als Professor für Kunst und Theorie an der Staatliche Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Zudem lehrt er am Soziologischen Institut der Universität Freiburg und an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, er hat Lehraufträge in Deutschland, den USA, der Schweiz und Österreich.

Theweleit ist verheiratet mit der Psychoanalytikerin Monika Kubale-Theweleit. Das Paar hat zwei Söhne. In seiner Freizeit spielt Theweleit nach eigenen Angaben in einer Freejazz-Band. (APA/dpa)