Hamburg/Wien – Der einstige Vordenker der Umweltbewegung, der Brite James Lovelock, fordert ein Ende der "grünen Romantik". Nur durch Kernenergie lasse sich der Klimawandel noch hinauszögern, ist der 87-Jährige laut "Spiegel Online" überzeugt. Doch verhindern könne man die globale Katastrophe nicht mehr.

Der Chemiker und querdenkende Öko-Guru war der Erste, der die ozonfressenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) in der Atmosphäre nachgewiesen hat. Vor allem aber ist er der Begründer der "Gaia-Hypothese", wonach der Planet (von ihm nach der griechischen Göttin der Erde "Gaia" genannt) all seine Regelkreise zu Land, zu Wasser und in der Luft stets so steuert, dass er das Leben erhält – fast so, als wäre er selbst ein lebendiger Organismus.

Atomkrieg nichts gegen Zerstörung

Nun verkündet Lovelock, im 21. Jahrhundert werde der vom Menschen gemachte Klimawandel weite Teile der Welt verheeren. Um das Jahr 2100 werde gerade noch eine Milliarde Menschen existieren – vielleicht sogar nur die Hälfte. "Selbst ein Atomkrieg", sagt Lovelock, "würde nicht den Grad an weltweiter Zerstörung verursachen, den die globale Überhitzung anrichten wird."

Keine Macht der Welt, kein Forscher, kein Politiker, kein verzichtleistender Konsument, weder Emissionshandel, Windenergie oder Biotreibstoff könne den Niedergang verhindern. Allenfalls lasse er sich ein wenig hinauszögern – vor allem durch den massiven Ausbau der Kernenergie. Die Welt brauche andere Politiker, meint Lovelock. Sie müssten das Unvermeidliche endlich akzeptieren und aufhören, so zu tun, als könnten sie es noch aufhalten.

"Gutgemeinter Irrsinn"

"Unsere Lage", orakelt Lovelock, "ähnelt der eines Bootes, das kurz vor den Niagarafällen seinen Motor verliert. Welchen Sinn macht es, die Maschine noch zu reparieren?" Grüne Theorien wie "nachhaltige Entwicklung" oder "erneuerbare Energien" seien nur "gutgemeinter Irrsinn." Niemals würden Wind- oder Solarenergie den weltweiten Energiebedarf auch nur annähernd decken können.

Mit den Mitteln der Technik, so schreibt er, könnten die Menschen jedoch ihre Not lindern. Ingenieure sollten zum Beispiel Düsentriebwerke entwickeln, die Spuren von Schwefel im Kerosin vertragen. Das sei der einfachste Weg, Schwefel-Aerosole in der Stratosphäre auszubringen. Dort würden sie Sonnenlicht zurück in den Weltraum strahlen und so zur Kühlung der Erde beitragen. Riesenhafte Spiegel im All seien eine weitere Option. Und doch könne all dies nicht verhindern, dass die Krankheit des Planeten weiter voranschreite. (APA)