Nach dreimonatiger "Winterpause" haben rechte und rechtsextreme Regierungsgegner am Wochenende ihre Protestkundgebungen vor dem Parlament in Budapest wieder aufgenommen. Der zeitweise auf bis 1500 Menschen angewachsenen Menge geht es unverändert um den Sturz der linksliberalen Regierung von Ferenc Gyurcsány. Da es sich um nicht angekündigte und daher illegale Demonstrationen handelte, löste die Polizei die Kundgebungen zwischen Freitag und Sonntag insgesamt siebenmal auf.

Zu gröberen Zusammenstößen kam es bei dem Katz-und-Maus-Spiel nicht. Die Regierungsgegner vermieden es, die Polizei zu attackieren. Acht Personen wurden vorübergehend festgenommen. Die Demonstranten schwangen wie üblich auch die aus dem Mittelalter stammende, in der Nazizeit verwendeten rot-weiß-gestreifte Árpád-Fahne.

Absperrungen abgetragen

Ausgelöst hatte die neuen Proteste eine Aktion des rechtspopulistischen Oppositionsführers Viktor Orbán. Dieser war am Freitagvormittag mit fast 150 Mann seiner Parlamentsfraktion des Bundes Junger Demokraten (Fidesz) angetreten, um die von der Polizei errichteten Absperrungen vor dem Parlament abzutragen. Die Polizei griff wegen der Immunität der Abgeordneten nicht ein, stellte die Metallgitter aber unmittelbar nach der Aktion wieder an ihren Platz. Dennoch strömten auf die Kunde von Orbáns Husarenstreich hunderte Regierungsgegner zum Parlament.

Sie versuchten damit an ihre wochenlangen Kundgebungen und Krawalle vom September und Oktober vergangenen Jahres anzuknüpfen, die ausgebrochen waren, nachdem die berüchtigte "Lügen-Rede" des sozialistischen Premiers Gyurcsány bekannt geworden war. In dieser fraktionsinternen Ansprache hatte der Regierungschef eingeräumt, vor den siegreichen Wahlen im April nicht die ganze Wahrheit über die wahre Budgetlage gesagt zu haben.

"Ziviler Ungehorsam"

Am 23. Oktober hatte die Polizei wegen der Feiern zum 50. Jahrestag des Volksaufstands den Kossuth-Platz vor dem Parlament geräumt. Die Absperrung dieses Platzes blieb seitdem aufrecht, was nicht nur von der Opposition, sondern auch von Bürgerrechtsgruppen kritisiert wird. Orbán und seine Leute stilisierten ihre Aktion vom Freitag zu einer "Aktion des zivilen Ungehorsams", der wert-konservative Staatspräsident László Sólyom und Regierungsvertreter bezeichneten sie als "gesetzeswidrig". (Gregor Mayer aus Budapest, DER STANDARD, Printausgabe 5.2.2007)