Webseite des slowakischen "Instituts für das Nationale Gedenken" (UPN). Ob unter dem neuen Vorsitzenden weiter über die Zeit zwischen 1939 und 1945 geforscht wird, ist fraglich.

Screenshot: derStandard.at/
Pressburg - Das slowakische Parlament hat einen wegen angeblicher Faschismus-Sympathien kritisierten Historiker mit der Leitung des staatlichen "Instituts für das Nationale Gedenken" (UPN) betraut. Diese Behörde ist für die Aufarbeitung der faschistischen und kommunistischen Vergangenheit des Landes zuständig. Ungeachtet zahlreicher Proteste von Opposition, Medien und Intellektuellen setzte die Regierungsmehrheit den erst 30 Jahre alten Ivan Petransky als neuen UPN-Leiter durch. Er war von der als rechtsextrem geltenden Slowakischen Nationalpartei (SNS) nominiert worden.

Koalition uneinig

Auch innerhalb der Koalition hatte es Zweifel an der Eignung Petranskys für das Amt gegeben, die SNS als zweitstärkste Regierungspartei beharrte aber auf Einhaltung einer Koalitionsvereinbarung, die ihr das Nominierungsrecht überließ. Das UPN hat in den beiden vergangenen Jahren mit der Veröffentlichung aller slowakischen Geheimdienstakten im Internet für Aufsehen gesorgt. Zahlreiche Spitzenpolitiker, hohe Kirchenvertreter und andere Prominente waren dadurch als Agenten des kommunistischen Geheimdienstes (StB) der Tschechoslowakei entlarvt worden.

Streit um Tiso-Regime

Für die kommenden Monate hatte das Institut geplant, die bereits begonnene Aufarbeitung von "Arisierungen" und anderen Verbrechen des von Nazideutschland abhängigen klerikal-faschistischen Regimes in der Slowakei unter dem (nach dem Krieg hingerichteten) katholischen Prälaten Jozef Tiso (1939-45) fortzusetzen. Kritiker fürchten nun um die Fortsetzung dieses Teils der Vergangenheitsbewältigung.

Petransky wurde in den Medien unter anderem vorgeworfen, gemeinsam mit Vertretern der inzwischen verbotenen Rechtsextremistengruppe Slovenska Pospolitost (derStandard.at berichtete) an einer Feier zur Ehrung Tisos teilgenommen zu haben. Er bestreitet jeglichen Kontakt zu der rechtsextremen Bewegung. an der Feier habe er lediglich teilgenommen, weil ihn ein historischer Vortrag bei der Veranstaltung interessierte.

In einer parlamentarischen Anhörung meinte Petransky, das Institut werde sich unter seiner Leitung nicht auf die Zeit des Tiso-Regimes konzentrieren: "Die Verbrechen des Kommunismus sind noch nicht bestraft worden, die des Faschismus sehr wohl".

Bischof lobte Tiso-Regime

Die jüdische Gemeinde Bratislavas hatte kürzlich mit Empörung auf die Äußerung von Erzbischof Jan Sokol reagiert, die Slowakei habe unter dem Satellitenregime Tisos eine "Ära der Prosperität" erlebt. Sokol hatte auch seine "hohe Wertschätzung" für Tiso ausgedrückt, der nach der Niederlage der Deutschen nach Österreich geflüchtet war, dort von der US-Armee festgenommen und an die Tschechoslowakei ausgeliefert wurde.

Der Geistliche wurde wegen Hochverrats zum Tode verurteilt; trotz eines Gnadengesuchs von Papst Pius XII. weigerte sich Staatspräsident Edvard Benes, Tiso zu begnadigen. Die jüdische Gemeinde erinnerte daran, dass etwa 90.000 Juden aus der Slowakei deportiert und in den Konzentrationslagern Auschwitz, Majdanek und Sobibor umgebracht wurden.

Im Zusammenhang mit dem Rücktritt des Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus waren in slowakischen Medien erneut Vorwürfe gegen Sokol wegen angeblicher geheimer Zusammenarbeit mit der kommunistischen Geheimpolizei aufgetaucht. (APA/dpa)