Was bis vor Kurzem noch als reale Variante galt, wird nun immer weniger wahrscheinlich. Seit Monaten ermittelte die russische Staatsanwaltschaft weiter gegen Chodorkowski und seinen Geschäftspartner Platon Lebedew. Am Montag hat sie neue Anklage gegen die einstigen Großaktionäre des Konzerns erhoben. Den beiden wird vorgeworfen, mehr als 20 Mrd. Dollar durch Geldwäsche auf ihre Privatkonten transferiert zu haben. Gewaschen worden sei unter anderem über die zum Konzern gehörende politische Stiftung "Offenes Russland".
Beide bekannten sich am Montag unschuldig. "Diese Milliarden Dollar, die ihnen vorgeworfen werden – das ist nicht einmal absurd, das ist verrückt", meinte Chodorkowskis Anwältin Karina Moskalenko. Lebedews Verteidiger Konstantin Rivnik behauptet, dass ein Vernehmungsprotokoll erstellt worden sei, "eine Vernehmung als solche aber nicht stattgefunden" habe.
Schon den ersten Prozess erachteten Beobachter gemeinhin als eine vom Kreml gelenkte Prozedur, um den politisch aufmüpfigen Chodorkowski kaltzustellen und den einstigen Musterkonzern in kremltreue Hände zu überführen. Was das Hauptmotiv war, wurde nie eindeutig klar. Die Yukos-Hauptfördertochter Yuganskneftegas wurde jedenfalls vor gut zwei Jahren in einer dubiosen Auktion dem staatlichen Ölkonzern Rosneft, in dessen Aufsichtsrat Putins Vizeadministrationschef Igor Setschin vorsitzt, zugeschanzt.
Die zweite Anklage wurde schon 2005 erstmals affichiert. Auf Geldwäsche steht in Russland bis zu zehn Jahre Gefängnis. Zerschlagen sein dürfte damit die Hoffnung der Inhaftierten, im Jahr der russischen Präsidentschaftswahlen 2008 vorzeitig entlassen zu werden. Chodorkowskis Anwalt Juri Schmidt sagte im Interview mit der Zeitung Novaja Gaseta: "Meines Erachtens kann die neue Anklage der Staatsmacht helfen, das 'Problem' der vorzeitigen Entlassung zu lösen." Derzeit wird auch weiteren Yukos-Top-Managern der Prozess wegen Diebstahls und Geldwäsche gemacht.
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