Der Widerstand gegen die von der deutschen Regierung geplante sechsmonatige Speicherung aller Telefon-, Handy- und E-Mail-Kontakte hat sich ausgeweitet. Inzwischen wollen etwa 10.000 Bürger beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Beschwerde einlegen gegen die geplante Datenspeicherung auf Vorrat, wie der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung am Dienstag in Berlin mitteilte.

Der bundesweite Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern fordert, das Gesetzesvorhaben zumindest so lange auszusetzen, bis der Europäische Gerichtshof (EuGH) über eine Klage gegen die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung entschieden hat. Die Kläger sehen in der verdachtlosen Speicherung ihrer Daten einen Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Der Arbeitskreis ruft seit November 2006 zur Anmeldung für eine Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung auf. Von den mehr als 10.000 Bürgern, die sich bisher meldeten, schickten demnach 2.500 Teilnehmer dem Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik bereits eine schriftliche Vollmacht. Die Verfassungsbeschwerde soll eingereicht werden, sobald der Deutsche Bundestag ein Gesetz zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung verabschiedet.

Der Ende 2006 von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgelegte Entwurf zur Umsetzung der EU-Richtlinie sieht vor, alle Verbindungsdaten des Telefon-, Handy- und E-Mail-Verkehrs für jeweils sechs Monate zu speichern, damit die Daten bei Bedarf für Fahndungszwecke genutzt werden können. Bei Handy-Telefondaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Anonyme E-Mail-Konten und Anonymisierungsdienste sollen verboten werden. Mit Hilfe der gespeicherten Daten können Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden.

Der Arbeitskreis hält diesen Eingriff in die Grundrechte der Bürger für unverhältnismäßig und verweist auf einen Bericht des Bundeskriminalamts (BKA) vom November 2005, wonach im Jahr zuvor nur 381 Straftaten wegen fehlender Telekommunikationsdaten nicht aufgeklärt werden konnten. Dabei handelte es sich vor allem um Internetbetrug, Austausch von Kinderpornografie und Diebstahl. Die genannten 381 Fälle machten demnach weniger als 0,001 Prozent der 6,4 Millionen jährlich begangenen Straftaten aus. (APA)