Wir sind dabei, ein Opfer unserer eigenen Vorurteile zu werden. Irgendwann ist die erstrebenswerte Weisheit des Alters der ewigen Jugend gewichen, auch wenn Bob Dylan, Mick Jagger und andere Ikonen dieser Jugendkultur längst im pensionsreifen Alter sind. Trotzdem sitzen wir weiterhin dem Mythos Jugend auf: Nur dort sind angeblich die zündenden neuen Ideen, die Fähigkeiten, neue Technik zu begreifen, die qualifizierten Mitarbeiter.

Aber jetzt gehen uns die Jungen aus. In den nächsten Jahren werden mehr Menschen als je zuvor in Pension gehen, in Europa um rund ein Viertel mehr als in den vergangenen Jahren. Meist gehen sie nicht freiwillig: Noch immer sind Betriebe darauf fixiert, die "teuren" Alten frühest möglich loszuwerden.

Dabei ist es keine Zauberei, diese Situation zu ändern. Auf staatlicher Seite bedarf es der sonst nur von Arbeitnehmern gern geforderten Flexibilität, die bisherigen Instrumente umzubauen – zum Beispiel die Zahlungen des Pensionssystems zu einem früheren Zeitpunkt, aber in geringerer Höhe, dazu zu benutzen, um geringere Löhne im Alter auszugleichen – oder die Höhe des Pensionsbezugs nicht weiterhin so stark wie bisher an das letzte Einkommen zu binden.

Vonseiten der Betriebe braucht es das Umdenken, dass der größte Arbeitsmarkt für ihre künftig schwerer zu füllenden Personallücken im eigenen Unternehmen oder in den Reihen der Pensionisten zu finden ist, und dass ältere Mitarbeiter vielleicht ähnlich wie Mütter oder Väter flexiblere Arbeitszeiten brauchen, um mit ihrem Job zufrieden zu sein. Und die "Älteren" müssen dazu bereit sein, den Wandel am Arbeitsplatz mitzuvollziehen. Aber dazu sind sie ohnehin längst bereit, wenn man sie lässt: Was würde auch jünger halten als ein guter Job? (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.2.2007)