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Auf dem Pannenstreifen überholen: Wird man erwischt, ist das viel preiswerter als Drängeln, verspricht derzeit ein Kettenmail. Was so aber nicht stimmt

Foto: APA/Artinger
Wien - Stau auf der Überholspur? Ein "Schleicher", der das Rechtsfahrgebot ignoriert und den Verkehr aufhält? Eine derzeit kursierende E-Mail verspricht, Rezepte dagegen zu haben. Mit juristisch deutlich leichteren Folgen als knapp aufzufahren und die Lichthupe einzusetzen. Das Problem: Die Ratschläge stimmen so nicht.

"Clever sparen beim Autofahren in Österreich" ist der Kettenbrief betitelt und richtete sich offenbar ursprünglich an deutsche Autofahrer. Auch dem heimischen Lenker scheint er wertvolle Tipps zu geben, verweist er doch angeblich auf die geltende Straßenverkehrsordnung (StVO).

Vier Punkte fürs Drängeln

"Drängeln" koste demnach in Österreich 250 Euro, drei Monate Fahrverbot und bringe vier "Punkte" ein, warnt der unbekannte Verfasser. Viel vernünftiger sei es, rechts zu überholen: das koste nur 50 Euro und bringe nur drei Punkte. Noch besser sei es, gleich auf den Pannenstreifen zu fahren. Denn dann seien 50 Euro und nur mehr zwei Punkte fällig. Und wirklich "clever gespart" habe man, wenn man sich Blaulicht und Folgetonhorn besorgt und einsetzt, um die freie Fahrt zu bekommen. Wird man erwischt, würden diese Utensilien zwar beschlagnahmt, aber die Strafe betrage nur 20 Euro, liest man in dem Mail.

Das Gerald Hufnagel vom ARBÖ-Rechtsreferat für eine "Böswilligkeit" hält. Denn abgesehen von der Problematik der Verkehrssicherheit seien viele Fakten völlig falsch. Vor allem die Höhen der Geldstrafen. Die könne man nämlich nicht pauschal voraussagen, da der Exekutivbeamte von der Organstrafverfügung bis zur Anzeige alles verhängen könne.

Korrekt sei allerdings, dass nur das Drängeln in Österreich sicher ein Vormerkdelikt ist. "Die Benützung des Pannenstreifens bringt nur dann einen Eintrag, wenn jemand dadurch behindert wird", stellt der Jurist klar. Und die Verwendung von Blaulicht und Martinshorn sei "in keinem Fall Amtsanmaßung", da ja auch Nichtbeamte diese Dinge montiert haben können.

Mit Blaulicht zum Gericht

Also doch alles besser als zu drängeln? Auf keinen Fall, stellt Josef Reiter von der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich klar. "Benützt man ohne Genehmigung ein Blaulicht, ist das sogar ein Gerichtsdelikt." Und diese "missbräuchliche Verwendung von Notzeichen" kann bis zu sechs Monate in Haft einbringen. Allerdings: Rechts zu überholen ist kein Vormerkdelikt und mit einer Mindeststrafe von 25 Euro tatsächlich vergleichsweise billig - Drängeln und Pannenstreifenfahren kostet mindestens 36 Euro.

Aber eben nur theoretisch. Denn in der Praxis wird in gravierenden Fällen härter durchgegriffen, weiß Reiter. "Wenn jemand schon einmal relativ knapp auffährt und dann nach rechts zurückschert um zu überholen, kann das durchaus trotzdem eine Anzeige samt Führerscheinentzug werden." (moe, DER STANDARD Printausgabe, 7.2.2007)