Paris - Frankreichs sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal hat ihren bürgerlich-konservativen Hauptkonkurrenten Innenminister Nicolas Sarkozy beschuldigt, eine Rechte anzuführen, die sich "bushisiert" und von der "Verteidigung ihrer Privilegien und ihrer Straflosigkeit besessen" sei. Auf einer Wahlkampfveranstaltung der Sozialistischen Partei (PS) am Dienstagabend in Paris bekannte sich Royal vor mehreren tausend Anhängern zu einer klaren Abgrenzung zwischen der Linken und der Rechten, "weil es um zwei verschiedene gesellschaftliche Vorstellungen geht" und nicht um Personen.

Anleihen bei der amerikanischen Rechten

Sarkozy nehme starke programmatische Anleihen bei der amerikanischen Rechten, kritisierte die ehemalige Umwelt- und Familienministerin und jetzige Präsidentin der westlichen Region Poitou-Charentes. Ihre Kampagne aber habe eine "partizipative Demokratie" zum Ziel. "Werden wir es hinnehmen, dass eine neue Oligarchie durch einen der ihren an die Spitze des republikanischen Staates rückt?", sagte Royal. Gleichzeitig kritisierte sie die bürgerlichen Medien, die sie bereits abgeschrieben hätten. Sarkozy hatte zuletzt seinen Vorsprung in Umfragen ausgebaut. Derzeit würde er demnach Royal in der Stichwahl mit 53 zu 47 Prozent der Stimmen schlagen.

Ségolène Royal kritisierte auch Sarkozys Ausspruch vom Vortag "Niemand wird gezwungen, in Frankreich zu leben", der die Haltung der Rechten zum Ausdruck bringe. Der Innenminister und Chef der Regierungspartei UMP hatte in einer Fernsehsendung unter anderem erklärt, wer in seiner Wohnung Schafe schächte, habe in Frankreich nichts zu suchen. Auf mysteriöse Weise verschwand just diese umstrittene Äußerung in der Videoaufzeichnung, die der TV-Kanal TF1 nach der Sendung im Internet veröffentlichte. Um sich von US-freundlichen Äußerungen Sarkozys zu distanzieren, hatte Premierminister Dominique de Villepin die Irak-Politik von Präsident George W. Bush als "gescheitert" bezeichnet. (APA/AP)