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Sozialminister Erwin Buchinger (rechts) bezeichnete den Vorstoß von Bartenstein als „kontraproduktiv“ - er habe ihn nicht mit dem Sozialministerium, das in dieser Angelegenheit „federführend“ sei, oder den Sozialpartnern abgesprochen. Außerdem sei das Bartenstein-Modell inhaltlich unausgegoren.

Foto: Reuters
Selbst die Befürworter des Pflegemodells von Minister Bartenstein kritisieren die völlig ungelöste Finanzierungsfrage. An Vorschlägen mangelt es nicht, aber am Geld.

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Wien – Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat mit seinem im STANDARD gemachten Vorschlag für ein 24-Stunden-Pflegemodell um 3000 Euro im Monat eine hitzige Diskussion ausgelöst. Die Bandbreite der Reaktionen reicht von Applaus (Wirtschaft) bis zu Buhrufen (Gewerkschaft). Was Gegner und Befürworter eint, ist der Verweis auf die ungelöste Finanzierung. Gemessen an der Durchschnittspension von 1270 Euro für Männer und 750 Euro für Frauen muss man derzeit schon in der höchsten Pflegestufe (1562 Euro) sein, um sich die legale Pflege annähernd leisten zu können.

An Vorschlägen, wie dieses Dilemma zu lösen wäre, mangelt es nicht. Die Regierung scheint aber nicht in der Lage beziehungsweise willens, zusätzliche Budgetmittel bereitzustellen. Im Regierungsprogramm ist nur angekündigt, dass einmal in der Legislaturperiode das Pflegegeld an die Inflation angepasst wird.

Durch Nicht-Valorisierung erspart

Hilfswerk-Geschäftsführer Walter Marschitz sagt: „Hätte man das Pflegegeld seit 1995 jährlich valorisiert, wären das 228 Millionen Euro. Und das wäre genau das Geld, um die derzeitigen Zuschüsse von durchschnittlich 700 Euro pro Monat, die es für die Pflege in Heimen gibt, auch auf die Pflege daheim umzulegen.“

In der Wirtschaftskammer glaubt man, dass Bartenstein zu hoch rechnet. Vize-Generalsekretär Reinhold Mitterlehner sagte, dass man mit 2200 Euro Kosten im Monat auskomme, der Abstand zu den höchsten Pflegestufen sechs und sieben würde also 600 bis 1200 Euro betragen. Mitterlehner, der Bartensteins Vorschlag „sehr gut“ findet, will in den angekündigten Verhandlungen zwischen den Ministerien, Sozialpartnern, NGOs und vor allem Ländern neue „sozial gestaffelte“ Fördermodelle finden, die diese Lücke schließen helfen.

"Unüberwindbare Schwellen"

Der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau sagt hingegen: „Alle Summen, die derzeit genannt werden, stellen für die allermeisten Menschen in diesem Lande unüberwindbare Schwellen dar.“ Landau schlägt einen Pflegelastenausgleichsfonds vor. Gelder aus Sozialhilfe, Krankenversicherung, Erbschaftssteuer und Selbstbehalten sollten in diesen Topf fließen.

Wenig erfreut ist Koalitionspartner SPÖ mit Bartensteins Vorschlag. Der ÖGB ist gegen die arbeitszeitlichen Belastungen für Pfleger (14-Tage-Schichten). Für Sozialminister Erwin Buchinger ist es „kontraproduktiv“, mit so einem Vorschlag „vorzupreschen“, ohne vorher mit dem Sozialministerium, das in dieser Angelegenheit „federführend“ sei, und den Sozialpartnern gesprochen zu haben. Außerdem sei das Bartenstein-Modell inhaltlich unausgegoren. (Michael Bachner, DER STANDARD, Printausgabe 8.2.2007)