Beirut/Jerusalem - Israelis und Libanesen haben an ihrer gemeinsamen Grenze erstmals seit dem Ende des Krieges vor sechs Monaten wieder aufeinander geschossen. Nach Militärangaben eröffneten libanesische Soldaten in der Nacht zum Donnerstag das Feuer auf eine israelische Einheit, die bei einer Minenräumaktion mit militärischem Gerät in Richtung auf das libanesische Dorf Marun al-Ras vorgerückt war. Verletzt wurde niemand. Dennoch bezeichnete der Sprecher der Friedenstruppe der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL), Milos Struger, den Schusswechsel als "ernsten Zwischenfall".

Der Kommandant der UNIFIL-Truppen, Major Claudio Graziano, habe in der Nacht Kontakt zu den Konfliktparteien aufgenommen, sagte Struger. Gegen 23.30 Uhr hätten beide Seiten dann das Feuer eingestellt.

Die Regierungsmehrheit von Ministerpräsident Fuad Siniora wertete die Reaktion der libanesischen Soldaten als Beweis dafür, dass die Armee in der Lage sei, die Grenze zu schützen. Die staatliche Nachrichtenagentur ANI meldete, "Siniora stand die ganze Nacht in Kontakt mit dem Armeekommando und gab klare Anweisungen, was gegen israelische Verletzungen der libanesischen Souveränität zu tun sei." Hassan al-Khalil, ein Berater von Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah, lobte die libanesischen Soldaten dafür, dass sie sich "dem Feind" entgegengestellt hätten.

Widersprüchliche Angaben

"Die israelische Einheit hat die so genannte Blaue Linie überquert und ist fünfzehn Meter in Richtung des Dorfes Marun al-Ras vorgerückt", hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung der libanesischen Armee. "Die Armee hat, nachdem die Einheit diese Linie mit Panzern und einem Hubschrauber überquert hatte, den Schießbefehl erhalten." Aus israelischen Sicherheitskreisen hieß es, die Libanesen hätten zuerst Schüsse in die Luft abgegeben. Als die israelischen Soldaten sie aufgefordert hätten, das zu unterlassen, hätten die Libanesen direkt auf diese gezielt. Daraufhin hätten die israelischen Soldaten das Feuer eröffnet.

Israel bemühte sich am Donnerstag um eine Beruhigung der Lage. Gleichzeitig bekräftigte das Verteidigungsministerium, die israelische Armee werde auch in Zukunft keine feindlichen Aktionen dulden und sich gegebenenfalls verteidigen. "Wir wollen keine Eskalation herbeiführen, aber die israelischen Truppen werden reagieren, wenn es zu gefährlichen Schießereien kommt", erklärte das Verteidigungsministerium nach Beratungen des Ressortchefs Amir Peretz mit hochrangigen Generälen. (APA/dpa/Reuters)