Bei einem US-Luftangriff sind am Donnerstag nach irakischen Angaben 45 Zivilpersonen ums Leben gekommen, darunter Frauen und Kinder. Die amerikanischen Streitkräfte teilten dagegen mit, bei Amiriya rund 40 Kilometer westlich von Bagdad seien 13 Rebellen getötet worden. Die Luftangriffe hätten zwei Häuser zerstört. Polizei und Krankenhausmitarbeiter erklärten, die Angriffe hätten das Dorf Saidan südlich von Abu Ghraib getroffen und vier Gebäude zerstört. Dabei seien 45 Menschen ums Leben gekommen.
Festnahmen
Nach Darstellung der US-Streitkräfte wurden kurz vor dem Angriff fünf Extremisten festgenommen und ein Waffendepot gefunden. Es habe Geheimdienstinformationen gegeben, dass sich in den Häusern nordwestlich von Amiriya mutmaßliche Rebellen aufgehalten hätten. Bewaffnete ermordeten unterdessen 14 männliche Mitglieder einer Sunniten-Familie. Angaben der Polizei zufolge schwebte ein weiterer Mann, der von sechs Kugeln getroffen wurde, nach dem Überfall in Lebensgefahr.
Die Angreifer hätten Donnerstag Früh die beiden von der Familie bewohnten Häuser überfallen, die Männer von Frauen und Kindern getrennt, und sie dann mit Maschinengewehren erschossen. Bei den Toten handele es sich um den Großvater, seine Söhne und erwachsenen Enkel. Die 80 Kilometer von Bagdad gelegene Stadt Balad, in deren Nähe die Tat verübt wurde, war in jüngster Zeit immer wieder Schauplatz religiös motivierter Gewalt.
Kampagne
Mit nächtlichen Razzien in mehreren Vierteln von Bagdad haben das US-Militär und die irakischen Sicherheitskräfte ihre neue Kampagne für mehr Sicherheit in der Hauptstadt begonnen. Nach Informationen des Nachrichtensenders Al-Arabiya nahmen amerikanische Soldaten dabei in der Nacht zum Donnerstag unter anderem den irakischen Vizegesundheitsminister wegen Unterstützung radikaler Schiiten fest. Amerikanische Offiziere hatten am Mittwoch erklärt, der Bagdader Sicherheitsplan sei ein Prozess mit vielen Einzelschritten und keine große militärische Offensive.
Ohne seinen Namen zu nennen, beschuldigte das Militär am Donnerstag den Vizechef des Gesundheitsministeriums, Hakim Zamili, die radikale Mehdi-Miliz mit Regierungsgeld finanziert und ihre Angriffe auf Sunniten organisatorisch unterstützt zu haben. Die Familie Zamilis und die Miliz wiesen die Vorwürfe zurück. Das hochrangige Regierungsmitglied habe in großem Umfang Mitglieder der Miliz auf die staatlichen Gehaltslisten gesetzt und auf diese Weise den Anhängern des anti-amerikanischen Predigers Moktada al-Sadr Millionen US-Dollar zukommen lassen, hieß es in einer Erklärung der US-Armee. Zudem habe die Miliz bei ihren Geiselnahmen und zur Vorbereitung von Anschlägen Gebäude des Ministeriums genutzt.
Letzter Versuch
Die USA haben die Mehdi-Miliz zuletzt als gefährlichsten Feind noch vor den Anhängern der radikal-moslemischen Organisation Al-Kaida ausgemacht. Die am Vortag begonnene Militärinitiative gilt als letzter Versuch, vier Jahre nach dem Einmarsch der US-Truppen die anhaltende Gewalt zu stoppen. US-Präsident George W. Bush hat dafür noch einmal die Truppen aufgestockt.
Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki sagte im Gegenzug zu, diesmal auch die radikalen Schiiten nicht zu verschonen, auf deren Unterstützung er eigentlich politisch angewiesen ist. Vertreter al-Sadrs forderten Maliki auf, umgehend die Freilassung des Vizeministers zu erreichen. Das Büro des Regierungschefs nahm zunächst keine Stellung dazu. Die US-Armee hatte Augenzeugen zufolge am Morgen mit Unterstützung von irakischen Kräften das Ministeriumsgebäude im Zentrum Bagdads gestürmt. "Sie zertraten die Türen und zerstörten zahlreiche Dinge. Alle Angestellten hatten schreckliche Angst", sagte ein Sprecher.
Aufruf
Die sunnitische Islamische Partei forderte die Regierung auf, etwas gegen Milizen zu unternehmen, die unter dem Deckmantel der Sicherheitskräfte operierten. Die Angriffe dieser Milizen auf Wohnviertel in Bagdad hätten in den vergangenen zwei Wochen stark zugenommen, erklärte die Partei. Auch die US-Armee lasse die Milizionäre gewähren, da diese bei ihren kriminellen Taten in den Uniformen der staatlichen Sicherheitskräfte aufträten.
Neuerlich Hubschrauber abgeschossen
Nach dem neuerlichen Verlust eines US-Militärhubschraubers erklärte die Gruppe Islamischer Staat im Irak, der der Al Kaida nahe stehen soll, seine Kämpfer hätten den Helikopter abgeschossen. Dabei kamen am Mittwoch alle sieben Insassen ums Leben. Ein Offizier der irakischen Luftwaffe sagte, die Maschine sei von einer Flugabwehrrakete abgeschossen worden. Die USA haben damit im Irak binnen etwas mehr als zwei Wochen fünf Hubschrauber verloren.