Bild nicht mehr verfügbar.

Freude bei den Befürworterinnen über das Ergebnis des Abtreibungsreferendum.
Foto: APA/Inacio Rosa
Lissabon - Freudentränen, Jubelschreie und Champagner - am Sonntagabend feierten Hunderte von portugiesischen Frauenrechtlerinnen in einem Hotel in Lissabon ihren ganz persönlichen Sieg. 59,25 Prozent hatten bei der Volksabstimmung über eine Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs in den ersten zehn Wochen mit Ja gestimmt.

40,75 Prozent waren dagegen. Ein jahrzehntelanges Engagement der Frauenbewegung hat die Mentalität der Bevölkerung im streng katholischen Portugal langsam verändert. Beim letzten Referendum vor neun Jahren waren es noch knapp 51 Prozent, die gegen ein Freigabe der Abtreibung waren. Heute wie damals lag allerdings die Wahlbeteiligung unter den erforderlichen 50 Prozent. Das Ergebnis ist damit nicht bindend.

Regierung will handeln

Doch die Reform wird trotz der 56-prozentigen Wahlenthaltung kommen. "Das Volk hat gesprochen, und es hat klar gesprochen", erklärte noch am Wahlabend der Regierungschef José Sócrates.

Der Sozialist will seine Parlamentsmehrheit nutzen, um das Gesetz zu ändern: "Der Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten zehn Wochen wird künftig kein Verbrechen mehr sein." Portugal verlässt damit die Gruppe der europäischen Ländern, in denen die Abtreibung nach wie vor verboten ist. Zurück bleiben Irland, Polen, Malta, Zypern und Liechtenstein.

Rund 40.000 Portugiesinnen treiben jährlich ab. Nur 900 dieser Schwangerschaftsabbrüche werden nach dem bisher gültigen Gesetz legal durchgeführt, weil die Schwangerschaft die Gesundheit der Frau gefährdet, das Ergebnis einer Vergewaltigung ist oder der Fötus schwere Missbildungen aufweist. Die übrigen Schwangerschaftsabbrüche werden illegal durchgeführt. Wer Geld hat, sucht eine Privatklinik im Lande, in der geheim abgetrieben wird, oder reist ins benachbarte Spanien. Der Rest begibt sich in die Hände von Kurpfuschern.

Zahlreiche Todesopfer

In den vergangenen 20 Jahren verloren dabei 100 Frauen ihr Leben. Das neue Gesetz wird diese Situation jetzt beenden. "Es reicht nicht, dass wir fortan sichere Eingriffe für einen Schwangerschaftsabbruch haben", mahnt Duarte Vilar, Sprecher der Bewegung für das Ja, dennoch. Es müsse künftig darum gehen, zu erreichen, "dass die Abtreibungen immer weniger werden".

Doch auch wenn das neue Gesetz in Kraft ist, liegt vor Portugals Frauenbewegung noch ein langer Weg. Viele der Ärzte und Ärztinnen in öffentlichen Krankenhäusern könnten sich auf ihr Gewissen berufen und sich weigern, den Eingriff vorzunehmen. In Privatkliniken kostet der Eingriff bis zu 400 Euro. Feministinnen beklagen, dass manches ärztliche Personal, das morgens "Gewissensbisse" hat, nachmittags gerne den schnellen Euro verdiene. (DER STANDARD, Print, 13.2.007)