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Franz Fischler

Foto: APA/Ebenbichler
Dass die österreichische Medienwelt den neuen Klimabericht, auf den sich die weltweiten Klimaforscher geeinigt haben, zum Anlass genommen hat, dieses Thema in selten wahrnehmbarer Einigkeit zu pushen, verdient Lob. Ebenso ist es löblich, wenn ob der erschreckenden Szenarien die Menschen nicht nur mit staunendem Schaudern reagieren, sondern fragen, wie sie selbst dazu beitragen können, um zumindest das Ärgste zu vermeiden. Auch die Ziele der Politik, ob in Brüssel oder in Wien, wären durchaus ambitioniert, wenn da nicht das Wie auf der Strecke zu bleiben drohte. Schon jetzt ist absehbar, dass die Politik, wenn es zum Umsetzen der Ziele kommt, weit weniger ambitioniert ist. Die Autolobby braucht nur einmal kurz aufs Gas zu treten, und schon geraten die gestern noch hehren Ziele ins Wanken. Dabei vergessen diese Herren, dass sie dabei sind, den Japanern einen neuen Marktvorteil zu verschaffen. Vielleicht werden diese schon bald nicht nur den Energiekommissar Piebalgs mit einem Hybrid-Dienstwagen versorgen.

Die Atomlobby darf da natürlich auch nicht fehlen. Sie glaubt nun, ihre ur(an)alte Strategie über die Schiene "Atomkraftwerke produzieren kein CO2!" neu beleben zu können, sagt aber nicht dazu, dass es bis heute nicht einmal internationale Sicherheitsstandards gibt und dass ihr Konzept aufgrund der begrenzten Uranvorkommen schon längst in einer Sackgasse steckt. Abgesehen davon würde man 1500 Atomkraftwerke brauchen, um auch nur ein Viertel des Erdöls zu ersetzen.

Auch in Österreich kann es nicht beim bisherigen Ökostromgesetz bleiben. Die neue Regierung sollte schleunigst die Karten auf den Tisch legen und den Missbrauch dieses Gesetzes abschaffen. Dem Stromkunden wird hier auch Ökostrom aus Anlagen, die mit Erdgas betrieben werden, untergejubelt. Um rund 30 Prozent wird der Erdgasverbrauch aufgrund der ökostromgeförderten Gas-Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen steigen. Entgegen den österreichischen Kioto-Reduktionsverpflichtungen macht das ein sattes Plus von 5,7 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr - oder bei einem Durchschnittspreis von 20 Euro pro Tonne 114 Millionen Euro an Kosten für CO2-Zertifikate.

Biotreibstoffe sind eine gute Sache, um Überschüsse in der Landwirtschaft zu verbinden und die landwirtschaftlichen Flächen sinnvoll zu nutzen. Wenn aber die Beimischungszwänge dazu führen, dass jedes Jahr mehrere Millionen Hektar tropischer Regenwald in Indonesien und Malaysia abgeholzt werden oder die unterprivilegierten Bevölkerungsschichten Mexikos und anderer südamerikanischer Staaten die Ambitionen von Gouverneur Schwarzenegger mit Hungern bezahlen müssen, werden gut gemeinte Absichten in ihr Gegenteil verkehrt.

Überhaupt beschäftigt man sich viel zu viel mit Ersatzlösungen und zu wenig mit der alles entscheidenden Frage: "Wie kann der Energieverbrauch ohne Wohlstandseinbußen in den Industriestaaten halbiert werden?"

Hier ist überall Politik gefragt, die Europa nicht nur zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum machen will, sondern auch zum energieeffizientesten! Weltmeister im Energie-Know-how müsste die europäische Antwort auf die Zukunft sein. Fünfzig Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge, nach Maastricht, der Euro-Einführung und der Osterweiterung wäre das ein epochales Projekt. Energieeffizient sein, vor allem auf Basis erneuerbarer Energieträger. Nicht nur unsere Kinder würden es uns danken!

Wenn wir zu lange warten, kann es sein, dass uns die USA die Show stehlen. Denn sollte es nach der Ära Bush II in den Staaten zu einer Änderung der Klima- und Energiepolitik kommen - was aus meiner Sicht wahrscheinlich ist -, werden die amerikanischen Freunde mit der Ihnen entsprechenden Hemdsärmeligkeit und Tatkraft agieren - und Europa könnte aufgrund seiner systemimmanenten Trägheit und Unentschlossenheit alt aussehen! (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10./11.2.2007)