München/Fürth - Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli hat Kritik am politischen Stil der Nachfolgeregelung des bayrischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber geübt. In einem Interview mit dem Münchner Magazin "Focus" favorisierte die Stoiber-Kritikerin Agrarminister Horst Seehofer für das Amt des CSU-Parteichefs. Es sei "kein guter Stil, oben auszuhandeln, wer welche Position bekommt", kritisierte sie die Absprachen zwischen dem designierten Ministerpräsidenten Günther Beckstein und Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber, der als Favorit für den Parteivorsitz gilt.

"Keine Lehren

"Mich verwundert schon, dass man aus den Vorgängen der letzten Wochen offenbar keine Lehren gezogen hat", sagte Pauli. Erneut werde die Basis nicht oder nur widerwillig in die Entscheidungsfindung einbezogen. Pauli rief die Parteitagsdelegierten dazu auf, Seehofers außereheliche Affäre nicht zum Maßstab für ihr Votum zu machen. "Es wäre ein tolles Zeichen, wenn die Partei sagen würde, das Privatleben ist uns egal."

Allein die politische Kompetenz müsse zählen. Dann "wären wir einen großen Schritt weiter, und Politiker wären zumindest damit nicht mehr erpressbar". Pauli kritisierte die Doppelmoral der Parteifreunde, die Seehofers Affäre geißelten, selbst aber nicht besser seien: "Viele leben doch nach außen eine Familienrolle, die mit ihrer Realität nicht mehr viel zu tun hat."

Keine Entschuldigung

Erstmals nannte die Landrätin Einzelheiten aus ihrem Gespräch mit Parteichef Stoiber im Jänner. Stoiber habe sich nicht dafür entschuldigt, dass sein Büroleiter Michael Höhenberger versucht habe, Details aus ihrem Privatleben auszukundschaften. Das Schicksal Höhenbergers habe ihn "weit mehr beschäftigt als der politische Schaden, der der CSU damit zugefügt wurde", sagte Pauli gegenüber dem Magazin. Eine Kandidatur zur stellvertretenden Parteivorsitzenden ließ sie offen. Sie könne sich vorstellen, jemanden zu unterstützen, "der den Kurs des neuen Denkens repräsentiert". (APA/dpa)