Keine Schwitzer, die Filipinos.

foto: der standard/gluschitsch

Unlängst – welch schön nichtssagendes Wort – war ich auf den Philippinen. Um Urlaub zu machen. Vom Winter. Oder dem was davon noch blieb. Nicht von den Motorrädern. Wo denken Sie hin? Gingerte ja auch gar nicht. Auf den Philippinen gibt es nämlich weit mehr Motorräder als Autos. Eh klar. Autos kann man sich auf den über 7.000 Inseln nicht leisten.

Ein typisches Filipino-Eisen kostet umgerechnet etwa einen Tausender. Bleibt aber zu bedenken, dass man für die Kohle dort eine Ewigkeit arbeiten muss. Und was noch dazu kommt: keine KTM. Keine BMW. Keine Triumphen. Nur Kawas und Yamsen. Und selbst die sind anders als bei uns. Auf den Philippinen reitet man 100ccm-Einzylinder. Folglich interessiert sich niemand für PS. Es interessiert sich ja nicht einmal jemand für Reifen. Da werden ganz legal Slicks erzeugt, in dem man den Reifen erst tauscht, wenn er platzt.

Taxis funktionieren auf den Philippinen natürlich auch auf Motorradbasis. Tricycles nennen die dort die Bürgerkäfige. Der Taxler sitzt auf einer zumeist schon sehr betagten 100ccm-Monzakopie. Neben und über ihn zwängt sich der Käfig. Ein Dreiradler. Unsereins würde nur unter Gewaltandrohung so ein Vehikel besteigen. Filipinos sind aber nicht solche Schwitzer wie unsereins und fahren als illustres Dutzend mit dem Eisenhaufen.

Dabei ist der "Beiwagen" so gar nicht das, was man hierzulande unter diesem Namen kaufen kann. Dort ist es mit Glück eine Pressspannplatte auf dem Bodengitter, auf der ein Campingsessel steht. Im schlimmsten Fall zwängt man sich wie eine Legehenne in den Gitterrahmen, der dort, wo man ihn von außen sieht, mit buntem Blech verkleidet ist.

Einige dieser Tricycles werden von Aufklebern zusammen gehalten, andere wieder nur mehr vom Staub der Geschichte. Als Fußgänger muss man halt ein bisserl aufpassen. Und ich meine nicht nur, weil die Taxler fahren wie eben Taxler und man um am Straßenverkehr teilzunehmen vielleicht eher einen Waffen- als einen Führerschein braucht.

Was ich viel mehr meine ist der schmerzhafte Klescher, den etwa das herunterhängende Bremsseil, das vor Jahren vielleicht in der vorderen Trommelbremse endete, mit auch nur 40 km/h am Passantenschenkerl vorbei geschnalzt macht. Au fein, edle Filipino-Blutvergiftung.

Mit der Bremserei hat man es auf den Inseln eh nicht so. Wie ich auch niemanden gesehen hätte, der schnell gefahren wäre. Ich weiß jetzt nicht, ob sie nicht schnell fahren, weil sie nicht bremsen könnten, oder ob sie die hinichen Bremsen nicht richten, weil sie eh nie schnell fahren.

Was man dafür oft sieht, oder nein, hört, das sind die offenen Endstutzen. Die 100er-Herzen hören sich nämlich an wie eine offene R1. Nur, dass man sie viel länger hört, weil sie einfach keine Meter machen, sondern nur Lärm.

Sogar Golf-GTI-Jägermeister-Heckscheiben-Pickerl-Musikanlagen werden in die Filipino-Zweiräder verbaut. Basswoofer und Endstufe werden unter der spärlichen Verkleidung versteckt oder unauffällig ins Motorrad integriert. Als Moto-Radio dient ein einfacher MP3-Player-Stick und schon ist überall Disco. Unvorstellbar.

>>>Gluschitsch bockt

Sicherheit wird auf den Philippinen natürlich groß geschrieben. Deswegen zieht dort auch niemand eine Lederkombi an. Sie könnte bei einem Sturz ja kaputt werden. Außerdem bei über 30 Celsiusen im Jänner im Stadtverkehr, bei einer Luftfeuchtigkeit wie im Hamam wird das fast jeder verstehen. Die Helme bestehen meist aus dem gleichen Material wie bei uns Geschirrhangerl und sind für unsereins auch nicht davon zu unterscheiden.

Ich hab aber auch Varianten gesehen, bei denen man über dem Abwischfetzen auch noch eine Halbschale aufhatte. Na gut, diese umgedrehten Leibschüsseln trägt fast die Hälfte der Motorradfahrer. Einen Helm, den man bei uns als Motorradbekleidungshändler auch unter diesem Namen verkaufen dürfte ohne eingesperrt zu werden, habe ich allerdings nicht gesehen.

Kein Moach – passt es so? – glatzerte Reifen, keine Bremsen, keine Helme. Kein Wunder also, dass ich verweigerte, dort ein Motorrad zu fahren. Weil es aber abseits der Touristentrampelpfade kaum asphaltierte Straßen zu geben scheint, wären ein paar Jahre mit einer Enduro sicher kurzweilig.

Und das war es auch, was mir einfiel: Ein Endurotrainingslager auf den Philippinen zu eröffnen. Ein paar Kanten, ein paar Tuttelbären mit Stoppelreifen und es könnte losgehen. Wer weiß, vielleicht mach ich das eines Tages, wenn ich mich auf die Insel zurückziehen sollte. (Text & Fotos: Guido Gluschitsch, derStandard.at, 15.2.2007)