Berlin – In Deutschland sind es weniger flüchtige Linksextremisten, die der Regierung Sorge bereiten, sondern jene, die derzeit noch gut verwahrt in zwei Justizvollzugsanstalten sitzen: Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar, beide verurteilt wegen der Morde an Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer, Generalbundesanwalt Siegfried Buback und Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto im Jahr 1977.

Nachdem das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart gerade die vorzeitige Entlassung Mohnhaupts auf Bewährung gestattet hat, hofft nun auch Klar auf frühere Freilassung. Bundespräsident Horst Köhler prüft derzeit ein Gnadengesuch, das Klar noch bei dessen Vorgänger Johannes Rau eingereicht hat. Um seine Chance auf Begnadigung zu vergrößern, will sich Klar sogar mit Köhler persönlich treffen. Das hat das deutsche Staatsoberhaupt bisher aber strikt abgelehnt. In einer Emnid-Umfrage für den Nachrichtensender N24 haben sich 69 Prozent der Befragten auch gegen eine Begnadigung von Klar ausgesprochen. Wie Mohnhaupt sitzt Klar ebenfalls seit 24 Jahren in Haft.

Die vorzeitige Entlassung Mohnhaupts sorgt in Deutschland weiter für Debatten. Der rechtspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Jürgen Gehb, sieht in der Entscheidung des OLG eine „Ohrfeige“ für das Rechtsempfinden der Bürger und erklärt:_„Nach den Buchstaben des Gesetzes ist die Freilassung sicher nicht zu beanstanden. Es bleibt in der Bevölkerung aber ein bitterer Nachgeschmack, wenn eine fünffache Mörderin nach 24 Jahren freikommt.“

In Deutschland sind einige Mitglieder der RAF („Rote Armee Fraktion“), die der „dritten Generation“ angehörten, immer noch flüchtig. Offiziell hat sich die RAF 1998 aufgelöst. „Restbestände“ der ehemaligen linksextremistischen Terrorgruppe werden vom Verfassungsschutz als nicht mehr relevant und nicht gefährlich eingestuft. (bau/DER STANDARD, Printausgabe, 14.2.2007)