London/Wien – Von einem Aufsehen erregenden Waffenfund im Irak berichtete am Dienstag die englische Tageszeitung The Daily Telegraph. US-Soldaten seien bei Razzien mehr als 100 österreichische Präzisionsgewehre des Typs HS50, ein Fabrikat des niederösterreichischen Herstellers Steyr Mannlicher, in die Hände gefallen. Die gefundenen Waffen sollen Teil einer Lieferung von insgesamt 800 Gewehren sein, die Steyr Mannlicher im Jahr 2005 an Iran verkauft habe, so der Bericht weiter.

Bereits 2004 gab der Waffendeal Anlass zur Kritik: Sowohl die USA als auch Großbritannien befürchteten, dass die Scharfschützengewehre, die der iranischen Polizei zur Bekämpfung der Drogenkriminalität dienen sollten, in den Irak gelangen könnten. Das österreichische Innenministerium genehmigte Steyr Mannlicher trotz internationaler Bedenken im November 2004 das Geschäft mit Iran. Die Vereinigten Staaten belegten den Konzern daraufhin mit einem Embargo. Laut Daily Telegraph soll bereits 45 Tage nach der Lieferung der erste US-Soldat im Irak mit einer HS50 erschossen worden sein.

Zertifikat eingeholt

Den Vorwurf, das Waffengeschäft damals leichtfertig bewilligt zu haben, lässt Oberst Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums, nicht gelten: "Wir haben vor der Genehmigung ein Endverbraucherzertifikat eingeholt und über unsere Botschaft in Teheran beim iranischen Außen- und Innenministerium überprüft, ob die Gewehre wirklich zur Drogenbekämpfung vorgesehen sind", sagt Gollia auf Anfrage des Standard. Außerdem habe man abgeklärt, ob es Konflikte oder Menschenrechtsverletzungen gebe, bei denen die Waffen zum Einsatz kommen könnten. Erst dann sei im Einvernehmen mit dem Wiener Außenministerium eine Lieferung von bis zu 800 Stück genehmigt worden.

Dass es sich bei dem angeblichen Waffenfund im Irak tatsächlich um von Steyr Mannlicher produzierte Gewehre handelt, konnte Gollia im Gespräch mit dem Standard übrigens nicht bestätigen: "Wir haben darüber keine offiziellen Informationen." Weder die USA noch andere ausländische Behörden hätten sich in dem Fall mit Wien in Verbindung gesetzt, bestätigt auch das Außenministerium.

Patent abgelaufen

Bei Steyr Mannlicher wehrt man sich gegen den Verdacht, Produzent der im Irak ausgehobenen Waffen zu sein: Da die Lizenz für das Scharfschützengewehr bereits abgelaufen sei, könne dieses jederzeit von einem anderen Erzeugern nachgebaut werden, sagt Franz Holzschuh, Eigentümer des Waffenkonzerns. Er selbst sei jedoch an der lückenlosen Aufklärung des Falles interessiert und warte, dass die USA die Seriennummer der Waffen übermitteln. (chs, APA, AFP/DER STANDARD, Printausgabe, 14.2.2007)