Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel meinte, er habe keine Präferenz gehabt. Beide verteidigten ihre Entscheidung als teuerste, aber auch beste.

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Wien – In der von zahlreichen Schreiduellen in die Länge gezogenen dritten Befragung von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser kam es zur erwarteten heftigen Auseinandersetzung mit den drei „Hauptanklägern“ Peter Pilz und Werner Kogler von den Grünen sowie Ewald Stadler von der FPÖ.

„Ja, ich habe mit sehr drastischen Vergleichen versucht, meine Kollegen von den gebrauchten F-16 zu überzeugen.“ Grasser war während seiner sechsstündigen Marathonbefragung am Dienstag im Eurofighter-U-Ausschuss von Pilz ersucht worden, aus seinen Protokollen vom 1. Juli 2002 vorzulesen – dem Tag vor der Typenentscheidung. Darin heißt es: Beim Kauf neuer Flugzeuge würde das „Budget des Verteidigungsministeriums geradezu explodieren“ und die angestrebte „Senkung der Abgabenquote gefährden“.

Grassers Erklärung, warum er am Tag danach, am 2. Juli 2002, im entscheidenden Ministerrat dann ...

  • trotz seiner Budgetsorgen
  • trotz der höheren Anschaffungskosten von zumindest 100 Millionen Euro im Vergleich zum Saab Gripen
  • trotz einer erheblichen Differenz in den jährlichen Betriebskosten von 20 bis 25 Millionen Euro
  • trotz seines öffentlichen Auftretens gegen Abfangjäger und wenn überhaupt, dann für gebrauchte F-16 (bis zu 1,5 Milliarden Euro günstiger)

    ... dennoch für den Eurofighter gestimmt hat: „Alle waren sehr überrascht, dass die Eurofighter Bestbieter waren. Damit haben wir überhaupt nicht gerechnet. Es war der teuerste Flieger, aber es war auch der Beste.“

    Ausschussvorsitzenden Pilz befriedigte diese Antwort keineswegs. Er konnte nachweisen, dass in den vom Finanzministerium genehmigten Angebotseinholung vom 18. Oktober 2001 von der Verpflichtung zum Ankauf „fabriksneuer“ Flugzeuge die Rede ist. Pilz bezeichnet es daraufhin als reine „PR-Schiene“ Grassers, sich noch bis Mitte 2002 für gebrauchte Flieger stark gemacht zu haben, was dieser empört zurückwies. Grasser beharrte darauf, dass er das Vergabeverfahren bis zur Typenentscheidung „in alle Richtungen offen“ – also auch für gebrauchte F-16 offen – gehalten hätte. Pilz: „Dieser Erklärung steht nichts außer den Fakten entgegen.“

    Nichts geflüstert

    Auch die Aussagen von Budgetsektionschef Gerhard Steger, Grasser habe ihm seinerzeit am Rande einer Veranstaltung „leise und eindringlich“ gesagt, er solle auf Abteilungsleiter Hillingrathner einwirken, damit dieser nicht so stark für die F-16 eintrete, wies Grasser als „falsche Wahrnehmung“ Stegers zurück. Ebenso wies Grasser die Aussage Stegers zurück, wonach der Ex-Finanzminister am Tag vor der Typenentscheidung gemeint habe, die F-16-Linie sei nicht durchhaltbar – „das geht politisch nicht, da müsste er zurücktreten“.

    Grasser: „Nein, ich hätte mit Steger nicht meine politischen Konsequenzen diskutiert.“ Er habe vielmehr bis zum 2. Juli 2002 „geglaubt, dass die gebrauchte F-16 durchsetzbar“ ist. Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel hätte aber letztlich eine Lösung für die nächsten 30 bis 40 Jahre präferiert und nicht eine Variante, die nach zehn Jahren, absehbarerweise eine neuerliche Abfangjäger-Debatte bewirkt hätte.

    „Der Budgetpfad war sicher entscheidend“, begründete der nach Grasser befragte ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel die Entscheidung für den Eurofighter. Als „vernünftigen Kompromiss“ habe Grasser sich bereit erklärt, die Betriebskosten für den Eurofighter zu übernehmen – Scheibner habe als Gegenleistung „einige Zusatzwünsche reduziert“.

    Gut gefrühstückt

    Scheibner habe bei jeder „kleinen Geschichte“, etwa bei Verlängerung von Grenzeinsätzen oder Aufstockung von Beobachtern immer gesagt, „das brauche er zusätzlich ersetzt“. Bei dem Kanzlerfrühstück, bei dem die endgültige Entscheidung für den Eurofighter gefallen ist, hätten sich laut Schüssel die beiden dann darauf geeinigt, dass das Finanzministerium einen Teil der Betriebskosten für den Eurofighter zur Verfügung stelle – dafür seien die „weitaus übertriebenen Erwartungen der Militärs“ reduziert worden.

    Unmissverständlich äußerte sich Schüssel zum degradierten Sektionschef im Finanzministerium Gerhard Steger. Er kenne den Beamten gut, wolle sich aber gewisse Bemerkungen ersparen. Steger sei „kein Freund der Landesverteidigung“ und gehe „seinen eigenen Weg“. (Michael Bachner/DER STANDARD, Printausgabe, 14.2.2006)