Zwischen "keine Fehler" und einer "Verkettung von Fehlern" können manchmal nur drei Tage liegen. Vergangenen Sonntag war der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung noch schier entrüstet, dass man seiner Behörde im Fall der verwahrlosten Mädchen vom Pöstlingberg bei Linz auch nur irgendetwas in die Schuhe schieben möchte. Zur Wochenmitte gibt man sich dann kleinlauter. Jede Behörde, ob Jugendwohlfahrt, Ärzte, Schule oder Gericht, hätte sich zwar „ganz besonders“ um das Wohl der Mädchen bemüht, doch spät aber doch hat man auch erkannt, dass die gute Begleitung eigentlich ein Schuss in den Ofen war. Die Kinder sind heute psychisch schwer krank und werden ihre Traumata kaum bewältigen können. Das „Warten wir’s ab“-Virus hat das schützende System gekippt, die Installation einer passenden „Firewall“ haben Verantwortliche verschlafen.

Alle gemeinsam versagt

Fast so plausibel wie der Vorwurf, dass nur halbherziger Dienst nach Vorschrift gemacht wurde, scheint aber auch die Dokumentation der Behörden. Regelmäßige Kontrollen durch einen Jugendpsychiater, die vielen Fehlstunden ließen in der Schule die Alarmglocken schrillen, und das Gericht hat Mutter und Kinder konsequent vorgeladen – wird zumindest eiligst publik gemacht. Auch die Jugendwohlfahrt kann Kontakte nachweisen, wenn auch grob fahrlässig ohne Hausbesuche.

Doch selbst wenn man bemüht ist zu glauben, dass jeder Einzelne viel versucht hat, haben dennoch alle gemeinsam versagt. Der Fall zeigt klare Programmierungsschwächen auf. Wenn jedes Amt nur in den eigenen vier Wänden Feuer schreit, wird nichts passieren. Die Netzwerke zwischen den handelnden Behörden stehen derzeit auf „Error“ und es gilt das gesamte System zu überdenken und von Grund auf neu aufzusetzen. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, Printausgabe, 14.2.2007)