Foto: Viktor Stellamor

Wien - Bei der Eröffnung der Ausstellung Happy Birthday Monsignore am Dienstagabend in Wien sagte der ehemalige Vizekanzler Erhard Busek, wer sich wie er selbst "für die Kirche und für geistiges Leben schon als Schüler und als Student interessierte, hat an Otto Mauer nicht vorübergehen können".

Mauer, der unkonventionelle Priester und Prediger, der temperamentvolle Vortragende, der fesselnde Erklärer abstrakter Kunst, der Kunstsammler und Galerist (Nächst St. Stephan), der Verfechter moderner Architektur, der Verteidiger des unabhängigen Journalismus, wäre dieser Tage 100 Jahre alt geworden. Gestorben ist er viel zu früh im Jahre 1973.

So wie Busek kam auch ich sehr früh mit der pointierten Sprache Mauers und dessen kritischem Stil in Berührung. Hans Steiner, Lateinlehrer in Bruck/Mur, später Leiter des Katholischen Bildungswerkes, hat Mauer (wie Kurt Schubert, Friedrich Heer, Erika Weinzierl) auf deren Bahnfahrten von Wien nach Graz (und zurück) Ende der 50er-Jahre Station machen lassen. Durch seine Vorträge entstand in unseren Köpfen eine andere Sicht der Welt als die im damaligen Schulsystem vermittelte.

Als junger Theologe war Mauer Mitglied von "Neuland" gewesen, ein anderes Mitglied war Hanns Koren, der im steirischen Kunstleben später (als Politiker) ebenfalls als Neuerer wirkte. "Neuland" konnte nach dem Krieg nicht wiederbelebt werden. Denn zum Unterschied von Mauer, der von den Nazis wegen seiner Predigten mehrmals inhaftiert wurde, sympathisierten andere Neuländer mit dem Nationalsozialismus oder nahmen, wie der Pfarrer Erwin Hesse, extrem konservative Kirchenpositionen ein. Mit späten Wirkungen: Bei der Wiener Synode Ende der 60er-Jahre kam es zu scharfen Rededuellen zwischen Mauer und Hesse - Mauer als Konzilsverfechter, Hesse als Gegner. Damals "siegte" Mauer, im "long run" behielt Hesse die Übersicht.

Man würde Mauers öffentliches Leben verkürzen, widmete man sich nur seiner Theologie und seinem Kunst-Enthusiasmus.

Tatsächlich: Selbst die Grazer 60er-Jahre sind ohne Mauer nicht darstellbar. Allein, die steirische Kunstszene verschloss sich ihm, die jungen Architekten und angehenden Journalisten im Kreise der Katholischen Hochschuljugend adorierten ihn. Und gingen bei Ausstellungen von Werken aus der Mauer-Sammlung (z. B. Urteil, Rainer, Mikl, Hollegha) erhebliches Risiko ein, weil die Uni-Rektoren den Untergang des Abendlandes heraufziehen sahen. Mauer diskutierte schließlich auch im "forum stadtpark" und löste heftige Kontroversen aus.

Mauer als Publizist: Mit dem Doyen der katholischen Journalisten, Friedrich Funder, gründete Mauer bereits 1947 eine Arbeitsgemeinschaft, die sich für einen gegenüber den Parteien unabhängigen Journalismus einsetzte.

Sein Glanzstück aber war die unter anderem mit Otto Schulmeister (Die Presse) herausgegebene Zeitschrift Wort und Wahrheit, deren Geist "wehte, wo er wollte". Mit dem Tod Mauers erlosch er. (Gerfried Sperl / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.2.2007)