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Zahlreiche Schaulustige begutachten den vollkommen ausgebrannten Bus in Zahedan.

Foto: AP/IRN
Teheran/Wien – Bei einem Anschlag in Zahedan, in der Provinz Sistan-Belutschistan im Südostiran nahe der pakistanischen und der afghanischen Grenze, sind am Mittwoch mindestens elf Menschen getötet und 30 verletzt worden. Ziel war ein Bus der Revolutionsgarden (Pasdaran), und zur Tat bekannte sich eine radikale Sunnitengruppe, die Jund Allah (Soldaten Gottes). Die Belutschen sind überwiegend Sunniten. Fünf Verdächtige wurden laut offiziellen Angaben festgenommen. Mit den Revolutionsgarden wurde eine Gruppe des Sicherheitsestablishment angegriffen, die Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad besonders nahe steht. Iranische offizielle Stellungnahmen tendierten jedoch zur Version, dass Drogendealer hinter der Tat stehen. „Aufständische und Elemente der Unsicherheit“ nannte ein Pasdaran-Kommandant. Pakistan wurde in diesem Zusammenhang beschuldigt, iranischen Rebellen und Drogenschmugglern Unterschlupf zu bieten.

Walter Posch, Iran-Experte am EU-ISS (Institute for Security Studies) in Paris, analysiert, dass immer, „wenn die Sunniten im Iran unruhig werden“, dies ein Hinweis darauf sei, dass „etwas im Verhältnis zwischen Iran und Saudi-Arabien nicht stimmt“. Das gelte überall, wo es sunnitisch-schiitische Spannungen gibt, zum Beispiel in Pakistan. In Belutschistan gebe es auch schon länger radikale sunnitische Gruppen, die ideologisch der Kaida nahe stünden, so Posch. In der Region träfen aber mehrere Faktoren zusammen: Zur konfessionellen Spannung kommt eine ethnische Unruhe, hervorgerufen durch ein „Erwachen“ der Belutschen (die es auch jenseits der Grenze gibt). Dazu kommen soziale und wirtschaftliche Probleme und die Drogenkriminalität.

Volksgruppenprobleme sind ein Thema, mit dem sich die Führung des ethnisch sehr pluralistischen Iran nur ungern auseinandersetzt. Die USA werden beschuldigt, hinter „aufständischen“ ethnischen Elementen zu stecken, und unzweifelhaft fühlen diese sich durch den derzeitigen Druck von außen auf Teheran ermutigt. Auch das EU-Parlament in Straßburg hat vor kurzem die Situation von Minderheiten im Iran thematisiert. Von Teheran wurde das als im Rahmen einer allgemeinen antiiranischen Kampagne stehend empfunden. Andererseits kann Teheran angesichts der eigenen Diversität darauf hinweisen, dass es kein Interesse an einem in Ethnien und Konfessionen zerbrechenden Irak hat und deshalb dort nicht, wie von den USA behauptet, einen Bürgerkrieg anheizt: Die Angst vor einem Überschwappen ist tatsächlich realistisch. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 15.2.2007)