Paris/Zürich/Basel - Am Mittwoch beschäftigen sich mehrere Tageszeitungen mit der Einigung zwischen den USA und Nordkorea zum Atomprogramm Pjöngjangs:

"Le Monde" (Paris)

"Der nordkoreanische Präzedenzfall bringt zwiespältige Botschaften mit sich. Pjöngjang hat sich sein Atomprogramm nach einem mehr oder weniger gelungenen Nukleartest als eine Art Wechselwährung zu Nutze gemacht, um die gesuchte Anerkennung zu erhalten. Auch die Iraner streben nach einer Anerkennung ihrer regionalen Rolle, die ihnen zuzugestehen Washington nicht bereit ist. Wird man abwarten müssen, bis der Iran sich zur Atommacht erklärt, auf dass dann ein 'großes Feilschen' beginnt? Sollte jetzt die Spannung auf der koreanischen Halbinsel abnehmen, im Mittleren Osten steigt sie gefährlich an."

"Le Figaro" (Paris)

"Noch vor einem Jahr hätte Washington in Verhandlungen mit Pjöngjang niemals etwas anderes akzeptiert als den bedingungslosen Abbau der atomaren Installationen. Es wäre auch unvorstellbar gewesen, dass das heimliche Programm der Urananreicherung, dessen die Nordkoreaner verdächtigt werden, unter den Teppich gekehrt wird. Nach seiner Niederlage bei den Halbzeitwahlen und um sich besser dem Irak sowie dem Kräftemessen mit Teheran widmen zu können, hat es Präsident George W. Bush jetzt aber bitter nötig, die Spannungen mit Nordkorea abzubauen und auf dem Feld der Nichtweiterverbreitung atomarer Waffen einen Punkt zu machen. Die in Peking verkündete Abmachung ist also das Zeichen dafür, dass das Weiße Haus notfalls durchaus in der Lage ist, den notwendigen Pragmatismus unter Beweis zu stellen."

"Tages-Anzeiger" (Zürich)

"Den Verhandlungspartnern steht harte Arbeit bevor. Nach der Grundsatzvereinbarung geht es nun um Kleingedrucktes von entscheidender Tragweite. (...) Während der Eskalationsphase der letzten vier Jahre wurden die noch verbliebenen Reste gegenseitigen Vertrauens zersetzt, was die Umsetzung eines Abkommens weiter erschwert. Jede Konzession muss nun mit zusätzlichen Kontrollmechanismen umständlich abgesichert werden.

Mit dem Vertrag von 1994 wurde die Atomkrise nicht gelöst, aber immerhin entschärft. Ob die 2007er Version des Tauschgeschäfts das Problem endgültig aus der Welt schafft, bleibt zweifelhaft. Dennoch ist ein schwer umsetzbarer Abrüstungsvertrag jenem Zustand vorzuziehen, in dem Nordkorea völlig unbeaufsichtigt Atombomben fertigt - und womöglich verkauft."

"Basler Zeitung"

"Nordkoreas Führer Kim Jong-Il hat hoch gepokert und, so wie es aussieht, gewonnen. Sein mächtigster Feind, US-Präsident George W. Bush, ist anscheinend bereit, ihn als ernsthaften Partner anzuerkennen. Jetzt sind Verhandlungen über diplomatische Beziehungen nicht mehr ausgeschlossen. Auch über das Ende der Sanktionen, die Nordkorea von Krediten abschneiden, wollen die Amerikaner reden. (...) Nun sind Nordkoreaner und Amerikaner wieder am Ausgangspunkt angelangt - mit einem Unterschied: Kim sitzt auf der Bombe. Er hat damit der Welt bewiesen, dass es sich lohnt, aus einer Position der Stärke mit den USA zu verhandeln. Die Iraner werden sich die Hände reiben."

"The Times" (London)

"Der härtere Test wird die Erfüllung des Versprechens (Nordkoreas) sein, alle seine Programm offen zu legen, bevor sie beendet werden. Ehe es keinen verifizierten Fortschritt an dieser Front gibt, sollten die UNO-Sanktionen ganz fest aufrechterhalten werden. Die USA sollten nur jene ausländischen Bankkonten Nordkoreas freigeben, die eindeutig für legitimen Handel bestimmt sind und nicht für Fälschungen und Schmuggel. Pjöngjang könnte diese Vereinbarung in der Annahme unterschrieben haben, dass es die Welt einmal mehr täuschen kann. Man muss ihm klar machen, dass die Spielregeln diesmal andere sind und dass Peking der Schiedsrichter ist."

"The Guardian" (London)

"Wenn internationale Inspektoren innerhalb von 60 Tagen bestätigen sollen, dass Nordkorea seinen Hauptreaktor geschlossen und versiegelt hat, muss Nordkorea alle seine nuklearen Anlagen offen legen. Das schließt die Urananreicherung ein. Die Vereinbarung sollte Nordkorea auf einen Weg führen, der zur Abrüstung führt... Es könnte aber schwer werden, sicherzustellen, dass Pjöngjang alle seine Anlagen schließt, da einige in Bergtunneln versteckt sind. Wir haben das alles schon erlebt. Da könnte noch vieles schief gehen. Aber als Versprechen winkt immerhin die Hilfslieferung von weiteren 950.000 Tonnen Öl."

"El Pais" (Madrid)

"In den dreijährigen Verhandlungen über das Atomprogramm Nordkoreas gab es bisher so wenig Fortschritte, dass die grundsätzliche Einigung nun als ein Durchbruch erscheint. Die Zusage Nordkoreas, seine wichtigste Atomanlage im Austausch gegen Energiehilfen zu schließen, bedeutet eine Erleichterung. Aber sie ist noch längst nicht in die Tat umgesetzt.

In der Vergangenheit hatte das Regime mit allen Tricks gearbeitet. Es kommt nun darauf an, dass die USA, Japan und Südkorea die Zusammenarbeit mit Nordkorea entwickeln, damit die Isolierung des kommunistischen Bunkers durchbrochen wird. Man kann dem nordkoreanische Feudalregime erst dann vertrauen, wenn es seine alte Paranoia überwunden hat."

"Nepszava" (Budapest)

"Diese Einigung ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass Nordkorea in eine völlig aussichtslose Lage geschlittert ist. Seine Kraft reicht nicht einmal mehr dafür aus, um seine 'Lieblingsfeinde' - die USA, Japan und natürlich den Nachbarn Südkorea - mit leeren Drohungen zu erschrecken. Die in Aussicht gestellten Heizöllieferungen und andere Wirtschaftshilfen werden den Bestand des gegenwärtigen Regimes noch höchstens um ein paar Jahre verlängern. Dass die derzeitigen Zustände nicht mehr lange anhalten können, steht außer Frage. Nordkorea steht vor großen Veränderungen, doch ist zu befürchten, dass die zu erwartende Explosion mit unabsehbaren Folgen einhergehen wird." (APA/Reuters)