Wien - Nach einer auffallenden Häufung von Selbstmorden bei der Wiener Polizei soll ein Expertenteam jetzt einen möglichen Zusammenhang mit der Arbeitsbelastung abklären. Wie der amtsführende Wiener Landespolizeikommandant Generalmajor Karl Mahrer am Dienstagabend bestätigte, sind Ende 2006 und in den ersten Wochen 2007 insgesamt fünf Suizide bei der Wiener Exekutive zu verzeichnen gewesen. Bisher privater Bereich vermutet

Häufungen von Selbstmorden unter den Beamten hat es auch in den vergangenen Jahren gegeben, sagte Mahrer. So seien 1994 und 1999 jeweils Spitzen mit sechs Suiziden zu verzeichnen gewesen. Eine neue Situation sei nun insofern vorhanden, als es eine solche Häufung bisher nicht innerhalb einer so kurzen Zeitspanne gegeben habe. Untersuchungen der fünf Fälle hätten bisher darauf hingedeutet, dass die Probleme der betroffenen Beamten im privaten Bereich gelegen waren. Mit der Belastungsstudie will man nun untersuchen, ob nicht doch ein Zusammenhang mit dem Dienst bei der Polizei besteht.

Politische Diskussion

Unterdessen hat das Thema eine politische Diskussion ausgelöst. Die Polizeigewerkschaft kritisierte Innenminister Günther Platter (V), der in der Mittwochausgabe des "Kurier" in der Suizid-Häufung keine Schuld des Arbeitgebers sah. Es gebe eine "hohe Zufriedenheit in der Kollegenschaft", sagte der Minister. Selbstmorde seien "ein gesellschaftliches Problem, das sich in der Exekutive widerspiegelt. Als Folge der Reform hat es jedenfalls nicht mehr Druck gegeben." Dazu der stellvertretende Vorsitzende des Fachausschusses der Wiener Polizei, Josef Sbrizzai: "So leicht kann sich der neue Innenminister nicht aus der Affäre ziehen. Für die extrem belastende Situation der PolizistInnen trägt Platter als Arbeitgeber die Verantwortung."

Dienstzeiten - Überstundenbelastungen

"Es ist und bleibt trotz Platter eine Tatsache, dass durch die nicht unbedingt professionelle Reform der Polizei der Druck auf die KollegInnen enorm gestiegen ist", meinte der Gewerkschafter. Die freiheitliche Gewerkschaftsfraktion AUF kritisierte die Polizeireform "mit den darin vorgesehenen besonderen Möglichkeiten der variablen Dienstzeiten". Diese würde "im Zusammenhang mit den personellen Engpässen nicht nur unzumutbare Dienstzeiten mit sich" bringen, "sondern führt auch zu gewaltigen Überstundenbelastungen".

Autoritärer Führungsstil und Personalmangel SPÖ-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni verwies bei einer Pressekonferenz auf einen Experten, der von Arbeitsstress, Schichtdienst, autoritärem Führungsstil und Personalmangel als mögliche Gründe für die Überbelastung der Beamten gesprochen hatte. "Ich halte es für richtig, dass jetzt eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, um zu überprüfen, ob das Gefährdungspotenzial größer ist als angenommen." (APA)