Foto: huskys.at

Da springt der Husky: Immer mehr Menschen entdecken die Freude am Schlittenhundesport.

Foto: huskys.at
Kennen gelernt habe ich den Nanuk, als er eineinhalb Jahre alt war. Als gerade halbwegs ausgewachsener Husky zog er damals in einem Lastschlitten den Proviant für unser Skiwochenende auf eine Selbstversorgerhütte bei Gastein. Nanuk machte das Ziehen sichtlich Spaß, nur bei der Skitour am nächsten Tag wurde ihm fad und er büchste aus. Die Gämsen, hinter denen er her war, lachten ihn zwar aus, aber sein Herrl war mehr als eine Stunde unterwegs, um ihn im tiefen Schnee wieder einzufangen.

Inzwischen ist der Nanuk, dessen Stammbaum ihn als Sibirischen Husky mit einer Mutter in Kanada ausweist, ein Rüde im besten Alter von zehn Jahren. Als vielfacher Vater hat er erst vor wenigen Wochen wieder für Nachwuchs gesorgt.

Ein "Eisbär" mit Vorlieben

Der Name Nanuk bedeutet in der Sprache der Inuit "Eisbär". Sein "Musher"- so nennt man die Halter von Schlittenhunden - ist der Salzburger Journalist, Buchautor und Bergrettungsmann Gerald Lehner. Der hat Nanuk für eine besondere, im alpinen Hochgebirge beliebte Form des Hundeschlittentourens trainiert. Dabei zieht der Hund einen Lastenschlitten, Pulka genannt, mit der Tourenausrüstung und -verpflegung, oft für mehrere Tage, während der Mensch ihn auf Touren- oder Langlaufskiern begleitet und dabei im Tiefschnee vorausspurt.

Sehr steiles Gelände - auf- oder abwärts - mag Nanuk nicht wirklich, dafür liebt er weitläufige Durchquerungen des bayrisch-tirolischen Alpenvorlands, aber auch die mehrtägige Glockner-Umrundung, bei der er und sein Herrl mit einer ganzen Gruppe von Hunden und ihren Führern unterwegs waren.

Sporthunde und Hundesport

Schlittenhunde wurden lange vor der Besiedlung Kanadas und Alaskas durch Europäer von Inuit und Athapasken-Indianern gezüchtet, als starke, genügsame und kälteresistente Nutztiere. Dabei unterscheidet man Sibirische Huskys, Alaskanische Malamutes, Grönlandhunde, Samojeden und verschiedenste Kreuzungen, sogar mit Wölfen. In einem amerikanischen Buch, "The Joy of Running Sled Dogs", wird sogar behauptet, dass man fast alle Hunderassen für des Ziehen von Schlitten oder Wägelchen begeistern kann, auch Dalmatiner, Doggen und sogar Pudel. Von Dackeln ist freilich nicht die Rede.

Die hohe Schule des Hundeschlittenführens besteht darin, einen oder mehrere, manchmal bis zu fünfzehn Hunde in speziellen Gurten vor einen Schlitten zu schirren und sie in flottem Tempo auf gebahnten Trails durch die Natur traben zu lassen. Der Musher steht dabei auf dem Schlitten, bereit, jederzeit abzuspringen, um die Hunde zu entlasten oder ihnen schiebend zu helfen.

Im Gespann werden die Hunde auf bestimmte Positionen eingeschult, die wichtigste ist die des "Lead dog", des Teamführers, der an der Spitze läuft und den akustischen Befehlen des Mushers gehorcht: "Hike" heißt Marsch, "Whoa" bedeutet Stop, "Gee" Rechts, "Haw" Links und "On-by" Überholen.

Denkmal für den "lead dog"

Der Goldrausch in Alaska, die Romane Jack Londons und der Wettlauf zum Südpol, den 1911 die Schlittenhunde des Norwegers Roald Amundsen gegen die Motorschlitten des Briten R. F. Scott gewannen, verklärten das Herr-Hund-Verhältnis zwischen den Mushern und Nanuks Artgenossen ins beinahe Mythische. Dazu trug auch ein Ereignis aus dem Jahr 1925 bei. Damals brach mitten im Winter in der abgeschiedenen Siedlung Nome in Alaska eine Diphtherieepidemie aus. Mit einer Hundeschlittens Stafette aus zwanzig Teams wurde das nötige Serum in fünfeinhalb Tagen auf einer ehemaligen Goldgräber-Route, dem so genannten Iditarod-Trail ins Katastrophengebiet gebracht. Der "lead dog" der letzten Etappe, ein schwarzer Husky namens "Balto", steht heute noch, in Bronze gegossen, im Central Park von New York, und ein jährliches Schlittenhunderennen von Anchorage nach Nome erinnert an das erfolgreiche Unterfangen. Neben dem Yukon Quest von Whitehorse in Kanada nach Fairbanks, Alaska, gilt es als eines der zwei spektakulärsten und härtesten Schlittenhunderennen der Welt.

Das klingt nach hartem Männersport, ist es aber keineswegs ausschließlich. Frauen wird ein besonders sensibler Umgang mit den Hunden bescheinigt. Nachdem die letztes Jahr an Leukämie gestorbene Susan Butcher in den Neunzigerjahren den "Iditarod" gegen härteste männliche Konkurrenz insgesamt viermal gewonnen hatte, wurden in Anchorage und Fairbanks T-Shirts verkauft mit der Aufschrift "Alaska Where Men are Men and Women win the Iditarod".

Obwohl sich das Mushing auch in Europa großer Beliebtheit erfreut, die heurige Schlittenhunde-WM vom 7. bis 11. März in Gafsele in Lappland stattfindet und mehr und mehr auch Trips für Touristen angeboten werden - in Österreich z. B. am Pillersee in Tirol oder in Kirchbach im Gailtal -, werden die klugen und hübschen Huskys häufig einfach als Modehunde gehalten. Ohne die Aufgabe, einen Schlitten oder einen sportlichen Skating-Langläufer zu ziehen oder neben einem Jogger her zu traben, ist so ein Hund aber unterfordert und damit nicht wirklich glücklich.

Das kann dem Nanuk nicht passieren, fast jedes Wochenende ist er in den Bergen unterwegs. (Horst Christoph/Der Standard/RONDO/16.2.2007)