New York - Während illegal Zugewanderte in Washington ein Streitthema sind, hat die größte amerikanische Bank in ihnen eine neue Verdienstquelle entdeckt. Nach dem Motto, "If you can't beat them, join them" - etwa: wenn sie unschlagbar sind, mach sie zu deinen Verbündeten - bietet die Bank of America Konsumenten, die keine US-bundesstaatliche Sozialversicherungsnummer besitzen, die begehrte Visa-Kreditkarte an. Das sind in den meisten Fällen illegale zugewanderte Menschen aus den Ländern südlich des Rio Grande.

Amerikas größtes Kreditinstitut betritt allerdings kein Neuland, wenn es darum geht, aus den "nicht dokumentierten Fremden" Kapital zu schlagen. Seit Jahren bemühen sich US-Banken, diese schnell wachsende Bevölkerungsgruppe mit Angeboten von Girokonten und sogar Hypotheken einzufangen. Doch die Ausgabe von Kreditkarten hat bisher keine Bank gewagt.

Diese Schwelle hat nun die Bank of America aus Charlotte (US-Bundesstaat North Carolina) überschritten. Das Programm wurde voriges Jahr in fünf Filialen in der Stadt Los Angeles getestet und vergangene Woche auf 51 Bank-Standorte im Regierungsbezirk Los Angeles ausgedehnt. Los Angeles und der Staat Kalifornien insgesamt beherbergen auf Grund der Nähe zur mexikanischen Grenze die meisten papierlosen Einwanderer.

Kritiker werfen der Bank vor, sie unterwandere das amerikanische Einwanderungsgesetz. Doch die Bank of America behauptet, das Programm stehe im Einklang mit den US-Banken- und Antiterrorismus-Gesetzen. "Diese Menschen suchen in den USA ein besseres Leben und haben es verdient, dass ihnen jemand hilft, dieses Ziel zu erreichen", sagte Brian Tuite, der das Kreditkartengeschäft für Lateinamerika verantwortet.

So ganz selbstlos handelt die Bank aber nicht: Die "illegals" müssen nicht nur überdurchschnittlich hohe Zinsen zahlen - 21,24 Prozent im Vergleich zu 18,1 Prozent - man brummt ihnen obendrein eine einmalige Vorausgebühr von 99 Dollar auf. Die Gebühr wird allerdings in drei bis sechs Monaten zurückerstattet, wenn der Kunde die Kreditlinie von 500 Dollar nicht überschreitet und mit den Rückzahlungen nicht in Verzug gerät.

Ungewöhnliche Methoden

Mit ungewöhnlichen Initiativen dieser Art versucht die Bank of America, langfristig im scharfen Wettbewerb um Privatkunden nicht zurückzufallen. Mit einem Börsenwert von 232 Mrd. Dollar ist die Bank of America inzwischen in 31 der 50 amerikanischen Bundesstaaten sowie dem Regierungsbezirk Washington D.C. aktiv. In diesen Staaten leben nach Schätzungen der Bank etwa 28 Millionen Menschen aus lateinamerikanischen Ländern.

Die Bank of America hat hauptsächlich durch Übernahmen die US-Großbank Citigroup als größte US-Bank überholt. Das Gesetz lässt jedoch nicht zu, dass eine Bank mehr als 10 Prozent der landesweiten Einlagen kontrolliert.(APA)