Kairo - Die ägyptischen Sicherheitskräfte haben am Donnerstag 80 Anhänger der verbotenen Moslem-Bruderschaft in Gewahrsam genommen. Aus Sicherheitskreisen hieß es, den Männern werde die Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppierung sowie der Besitz von regierungskritischer Literatur vorgeworfen. Die Festnahmen erfolgten überwiegend in Kairo und dem Nildelta.

Bruderschaft stärkte Oppositionsgruppe

Wie die Moslem-Bruderschaft auf ihrer Internetseite mitteilte, sind unter den Festgenommenen drei Büro-Leiter von Abgeordneten der Gruppierung sowie zwei Kandidaten bei früheren Wahlen. Die Bruderschaft verurteilte die Festnahmen als "Präventivschlag des Regimes" vor den für April geplanten Wahlen des Oberhauses des Parlaments ("Shura"-Rat). Die Bruderschaft ist die stärkste Oppositionsgruppe im Land.

Sollte die Bruderschaft bei der Parlamentswahl kandidieren und Mandate gewinnen, könnte sie die Voraussetzungen für eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl im Jahr 2011 erfüllen. Nach ägyptischem Recht dürften nämlich nur anerkannte politische Parteien bei der Wahl kandidieren.

40 Mitglieder vor Militärgericht

In den vergangen Wochen hatte die ägyptische Polizei bereits Dutzende von Moslembrüdern verhaftet, von denen sich demnächst 40 vor einem Militärgericht verantworten müssen. Ihnen wird unter anderem die "Nutzung terroristischer Methoden zur Durchsetzung ihrer Ziele" vorgeworfen. Unter den Angeklagten ist die "Nummer Drei" der Bruderschaft, Khairat al-Shatir. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch rief die ägyptische Regierung auf, die hunderten inhaftierten Mitglieder der Moslem-Bruderschaft freizulassen. Sie seien "nur wegen der Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung und Versammlung" festgenommen worden.

Die Gruppierung ist in Ägypten verboten, weil sie für die Errichtung eines islamischen Staates eintritt. Ihre Mitglieder sind trotz des Verbots offen politisch aktiv. Bei den Wahlen für das Unterhaus des Parlaments kandidierten sie 2005 als unabhängige Politiker, um das Verbot zu umgehen. Sie gewannen auf diese Weise beinahe ein Fünftel der Sitze. Die Moslem-Bruderschaft gilt als relativ gemäßigte islamistische Bewegung und hat der Gewalt als Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen vor Jahrzehnten abgeschworen. Präsident Husni Mubarak hatte vor einem Monat in einem Interview erklärt, die Moslembrüder stellten eine "Gefahr für die Sicherheit" des Staates dar. (APA/Reuters/dpa)