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Präsident Chirac begrüßt den nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo.

Foto: REUTERS/POOL
Cannes/Paris – Dort, wo die Kinostars die berühmten Treppen in Cannes hochsteigen, folgten einander am Donnerstag Staats- und Regierungschefs von 48 der 53 afrikanischen Staaten auf dem roten Teppich. Oben wurden sie von Jacques Chirac mit Wangenküsschen oder anderen Herzlichkeitsbekundungen begrüßt. Herzlichkeit war an diesem 24. französisch-afrikanischen Gipfeltreffen schon deshalb angesagt, weil der Staatschef einen Teil seiner "afrikanischen Freunde" wohl zum letzten Mal offiziell sah – darunter Despoten und Kleptokraten wie Omar Bongo aus Gabun, Paul Biya aus Kamerun oder Sassou N’Guesso aus dem Kongo (Brazzaville). Wie alle französischen Präsidenten von de Gaulle bis zu Mitterrand verkörperte Chirac in seinen zwölf Amtsjahren den Paternalismus einer vergangenen Kolonialmacht. Sie tritt im UN-Sicherheitsrat als Fürsprecher Afrikas auf, schützt aber gleichzeitig die alten Pfründe im "geostrategischen Hinterhof". Wäre es nach Chirac gegangen, hätte er auch Simbabwes Diktator Robert Mugabe nach Cannes geladen. Dagegen protestierten allerdings die EU und namentlich Großbritannien.

Kritik Royals

Chiracs Nachfolger versprechen eine neue Afrikapolitik. Die sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal kritisierte diese Woche in der katholischen Zeitschrift Témoignage chrétien, dass Chirac seine persönlichen Freundschaften über die Interessen aller Afrikaner gestellt habe; im Fall ihrer Wahl würde sie dies schleunigst ändern. Der bürgerliche Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy zieht sogar eine Schließung der französischen Afrika-Stützpunkte in Betracht.

Dazu dürfte es aber kaum kommen. In Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste) würde ein französischer Truppenabzug sofort zu einem Bürgerkrieg führen. In der Zentralafrikanischen Republik und dem Tschad mussten vor ein paar Wochen französische Mirage-Kampfjets Einsätze fliegen, um ein Eindringen der Rebellen aus der sudanesischen Darfur-Provinz zu verhindern. In Côte d’Ivoire schützen die Fremdenlegionäre auch die Kakaoplantagen, in Zentralafrika die Erdölfelder.

Generell versucht Frankreich das Vordringen Chinas zu bremsen, das im November ebenfalls einen Afrika-Gipfel organisierte und selbst mit dem brutalen Regime von Ahmed Al-Bashir im Sudan Geschäfte macht. Angesichts der wachsenden Bedeutung von Rohstoffen interessieren sich auch die USA und Indien zunehmend für Afrika. Wenn Frankreich seine Interessen dort verteidigen will, wird es auch nach Chirac im Widerstreit mit idealistischer Entwicklungspolitik verharren. (Stefan Brändle, DER STANDARD, Print, 16.2.2007)