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Mitt Romney mit Enkeltochter Mia bei der Verkündung seiner Kandidatur.

Foto: AP/Perry Baker
Wenn sich Seiteneinsteiger um einen Spitzenposten bewerben, kann es durchaus als Rezept taugen, all jene, die sich konventioneller hinaufgedient haben, zu betriebsblinden Fachidioten zu stempeln. So hält es zumindest Mitt Romney, ein Mann, der als Investmentbanker Millionen scheffelte und nun Präsident der USA werden möchte. „Ich glaube nicht, dass Leute, die ihr Leben lang nur Politiker waren, Washington von innen her umkrempeln können.“ Mit diesem Satz ging Romney an den Start eines Wahlrennens, das schon deshalb eines der spannendsten der US-Geschichte zu werden verspricht, weil am Ziel eine Premiere winkt. Die erste Frau (Hillary Clinton) könnte auf dem Siegerpodest stehen. Oder der erste Schwarze (Barack Obama). Oder der erste Mormone, Mitt Romney.

Vor allem seine Religion stempelt den 59-Jährigen zum Außenseiter. Denn noch immer glauben viele Amerikaner, dass Mormonen der Polygamie frönen. Bei Romney kommt erschwerend hinzu, dass er Republikaner ist und bei einer der wichtigsten Wählergruppen seiner Partei gegen Mauern anrennt. Die Evangelikalen, eine starke Stütze George W. Bushs, halten Mormonen für eine suspekte Sekte. Woher denn ein Präsident Romney seine Order bekäme, wollen sie wissen. Vom amerikanischen Volk? Oder von der Hierarchie seiner Kirche?

„Faire Fragen“, antwortet der Kandidat gelassen. "Stimmt, ich trinke keinen Alkohol. Ich rauche nicht. Ich rühre weder Kaffee noch Tee an." Und richtig, mit 19 habe man ihn nach alter Sitte als Missionar in die Welt geschickt, ausgerechnet ins katholisch geprägte Frankreich. „Erfolge hatte ich kaum, dafür habe ich ein paar gute Freunde gewonnen.“

Schafft er es, das Handikap seiner Konfession zu überwinden, kann Romney durchaus noch für Überraschungen sorgen. Er gilt als Organisationsgenie. In der Rolle des olympischen Feuerwehrmannes hat er sein Talent glänzend bewiesen, indem er die Spiele von Salt Lake City vor der Blamage bewahrte. Ehe die Hochburg der Mormonen 2002 die Winterspiele ausrichten konnte, steckte sie tief in der Krise. Die Arbeiten stockten, aus blassroten Zahlen wurden dunkelrote, Romney sprang ein. Prompt schaffte er es, ein Finanzloch von 379 Millionen Dollar zu stopfen, 23.000 Freiwillige zu mobilisieren und den Fahrplan zu halten. Darüber schrieb er einen Wälzer, der schon im Titel alles verrät: „Turnaround: Crisis, Leadership and the Olympic Games“. Nun baut er darauf seine Bewerbung fürs Weiße Haus auf: Wer es schafft, das Defizit von Salt Lake City zu bannen, der kriegt vielleicht auch das klaffende US-Defizit in den Griff.

US-Wahlkämpfe leben immer auch von einer guten Story, und Romneys Geschichte ist die vom dynamischen Macher, der die Verkrustungen des politischen Klüngels aufsprengt. Seine Landsleute mögen das, denn der Argwohn gegen "die da in Washington" sitzt tief. Doch genauso, wie George W. Bush den hemds-ärmeligen Texaner gibt, obwohl er aus einer etablierten Ostküstenfamilie stammt, ist auch Romney nicht der Underdog aus dem Bilderbuch. Sein Vater George war immerhin Gouverneur von Michigan, 1968 kandidierte er sogar für das Präsidentenamt. Der Junior studierte standesgemäß in Harvard. 1984 gründete er Bain Capital, eine Investmentbank, die sich auf Risikokapital spezialisierte und ihm ein Vermögen einbrachte. Von 2002 bis 2006 mischte er aktiv in der Politik mit, als konservativer Gouverneur im liberalen Massachusetts. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, Print, 16.2.2007)