Wien - Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller hat sich am Freitagvormittag bei ihrer Erklärung vor dem Bundesrat im Parlament in Wien für eine deutliche Stärkung des Bundesrates im Zuge der Staats- und Verwaltungsreform ausgesprochen. Bei der anstehenden Bundesstaatsreform soll es laut Burgstaller nicht um die Machtverteilung zwischen Bund und Länder gehen, sondern um den "Nutzen für die Menschen". Für den Bundesrat kann sie sich eine frühere Einbindung in den Gesetzwerdungsprozess vorstellen, auch ein Vetorecht stellte sie in den Raum.

"Primat des öffentlichen Nutzens"

Burgstaller, die am Neujahrstag den Vorsitz der Landeshauptleute-Konferenz turnusmäßig von Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer übernommen hatte, will bei der künftigen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern das "Primat des öffentlichen Nutzens" in den Vordergrund stellen. Darum gehe es und nicht um die "Macht der Institutionen", sagte sie in ihrer Rede mit dem Titel "Föderalismus im 21. Jahrhundert - Quo vadis?"

Bundesrat soll "hörbare Stimme der Länder" werden

Als Zielsetzung für die Staats- und Verwaltungsreform nannte Burgstaller, dass der Bundesrat die "hörbare Stimme der Länder" wird. Bei der Gesetzwerdung plädierte die Salzburger Landeshauptfrau für eine "frühere Einbindung des Bundesrates" anstelle der Beharrungsbeschlüsse - was von den Abgeordneten mit Applaus bedacht wurde. Dazu könne sie sich auch ein Vetorecht der Länderkammer vorstellen, vor allem dann, wenn Finanzfragen der Länder berührt sind. Dies sei auch ihr "Input" für die Arbeitsgruppe zur Staatsreform, sagte Burgstaller.

Mehr Standards im Schul- und Bildungsbereich

An die Bundesrats-Mitglieder richtete sie die "herzliche Einladung", Salzburg zu besuchen und dabei - etwa in Gastein - über die Reform zu diskutieren. Sie plädierte für mehr Vereinheitlichung zwischen den Ländern, als Beispiel nannte sie den Tierschutz oder den Jugendschutz. Hier sei nicht einzusehen, warum es örtlich unterschiedliche Bestimmungen geben soll. Auch im Schul- und Bildungsbereich wünscht sich Burgstaller mehr Standards. Spannend sei auch das Thema der Mindestsicherung, wie man diese in den Bundesländern implementieren könnte.

Regionen sind "Seelen unseres Europas"

Burgstaller sprach sich klar für die Bundesstaatlichkeit aus, und sieht auch keine Tendenz zum Zentralisierung. Regionalismus sei gerade als Ausgleich zur Abgabe von Kompetenzen innerhalb der Europäischen Union wichtig. Die Regionen bezeichnete sie als die "Seelen unseres Europas".

Pelinka: "Beste Voraussetzungen"

Auch der Politikwissenschafter Anton Pelinka sieht derzeit beste Voraussetzungen zur Umsetzung einer großen Staatsreform. Pelinka betonte, bei einer neuen Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern dürfe es keinen Verlierer geben. Auch solle man darauf achten, dass eine Reform nicht den Eindruck entstehen lasse, dass sich eine Partei gegen die andere durchgesetzt habe.

Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern anpassen

Pelinka schlägt vor, die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern anzupassen, Burgstaller nannte etwa Naturschutz, Jugendschutz, Bautechnikrecht oder das Schulsystem als mögliche Themen, die vereinheitlicht gehörten. Außerdem plädierte Pelinka für eine "deutliche Verknüpfung zwischen der Einnahmen- und Ausgabenkompetenz" der Länder - Stichwort "Kostenwahrheit". Den Ländern soll mehr Verantwortlichkeit für die Einhebung von Abgaben eingeräumt werden. Burgstaller bezeichnete dies als "diskutables Feld" und kann sich etwa im Immobilien-Bereich Abgaben auf Umwidmungen vorstellen.

Vetorecht des Bundesrates bei allen Verfassungsgesetzen

Pelinka trat auch für ein Vetorecht des Bundesrates bei allen Verfassungsgesetzen ein. Außerdem wünscht er sich das Recht der Länderkammer, Untersuchungsausschüsse einzusetzen und eine frühere Einbindung des Bundesrates in den Gesetzwerdungsprozess. Dadurch könnte der Bundesrat eine stärkere öffentliche Aufmerksamkeit erreichen, welche ihm bisher fehle, so der Experte. Auch die Wahrnehmung außenpolitischer Funktionen durch die Länder sind für Pelinka erstrebenswert, etwa durch die Verstärkung von regionalen Partnerschaften. (APA)