Berlin - Das Publikum der schwul-lesbischen Teddy-Gala bei der Berlinale bekam, was von Helmut Berger zu erwarten war: einen bizarren Auftritt. Kurz vor Mitternacht am Freitagabend sagten die Moderatoren auf der Bühne im Hangar 2 des Flughafens Tempelhof den legendären Schauspieler an. Also Bühne frei für den 62-Jährigen, der einst als schönster Mann der Welt galt, Star und Lebensgefährte des vor mehr als 30 Jahren gestorbenen italienischen Regisseurs Luchino Visconti war und nun für sein Gesamtwerk ausgezeichnet werden sollte.

Höhepunkt

Im schwarzen Anzug, mit rosa Hemd, rosa Seidenkrawatte und hellblauem Schal rauschte Berger von hinten durch den Mittelgang der bestuhlten Flugzeughalle. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), die Grünen-Politiker Claudia Roth und Volker Beck sowie die Schauspielerinnen Judy Winter, Irm Hermann oder Sängerin Marianne Rosenberg waren gekommen - Bergers Auftritt war der Höhepunkt einer bis dahin an vielen Stellen behäbigen Veranstaltung.

"Vielen Dank, dass Ihr alle da seid", begann Berger seinen Auftritt und grinste. "Es ist das erste Mal in 40 Jahren Karriere, dass die Deutschen aufgewacht sind und mir einen Preis geben." Er habe 40 Jahre lang kein Deutsch gesprochen, sagte Berger - auch wenn Talkshow-Auftritte das Gegenteil beweisen und er nach Jahrzehnten in Rom jetzt wieder im österreichischen Salzburg wohnt. "Ihr seid alle verrückt, dass Ihr mir einen Preis gebt. Muss man erst 63 Jahre alt werden?"

"Es geht um die Toleranz"

Mit der kleinen Teddy-Statue in der Hand, die von Comic-Zeichner Ralf König ("Der bewegte Mann") entworfen wurde und als wichtigster schwul-lesbischer Filmpreis der Welt gilt, sinnierte Berger: "1968, als Luchino (Visconti) und ich "Die Verdammten" drehten, wäre ein solcher Preis nicht möglich gewesen." Zwischendurch stellte Berger, der in seiner Autobiografie "Ich" vor einigen Jahren viel aus seinem bisexuellen Liebesleben plauderte, die rhetorische Frage: "Warum soll man immer Äpfel essen, wenn man auch Erdbeeren essen kann?" Applaus gab es denn für die Bemerkung: "Es geht um die Toleranz und um die Liebe, vergesst das nicht." Nach Blitzlichtgewitter und eher verkorksten Kurzinterviews wurde Berger dann kurz nach dem Gala-Ende von Bodyguards von der Bühne geleitet und verschwand.

Die Teddy-Party, die sich selbstbewusst als "beste Berlinale- Party" bezeichnet, ging ohne Helmut Berger los. "Der war total neben der Spur", dachten viele über seinen Auftritt. Der TV-Schauspieler Georg Uecker sagte: "Das hatte eine Kraft, aber auch was Bitteres." In der heutigen "Konsens-Kultur" gebe es leider kaum noch solche Paradiesvögel und Quereinsteiger wie Berger.

Berger, der in den 60er Jahren modelte, kam erst durch Visconti, der in ihn verliebt war, zum Film. Unter anderem spielte Berger an der Seite Romy Schneiders den in Pomp und Wahn versinkenden Bayernkönig Ludwig II. (APA/dpa)