Belgrad - Seriöse und offizielle Gespräche über die Bildung einer neuen serbischen Regierung nach der Parlamentswahl vom 21. Jänner dürften bis zur Lösung der Kosovo-Frage bzw. bis zur Entscheidung des UNO-Sicherheitsrat über den künftigen völkerrechtlichen Status der UNO-verwalteten südserbischen Provinz aufgeschoben werden. Dies berichtete der Belgrader Sender B-92 am Montag. Zur Zeit seien nur informelle Kontakte im Gang, hieß es demnach in Kreisen potenzieller Koalitionspartner des so genannten demokratischen Lagers.

Nach der konstituierenden Parlamentssitzung in der Vorwoche ist eine neue Regierung entsprechend den Gesetzesbestimmungen innerhalb von 90 Tagen, genauer gesagt bis zum 15. Mai, zu bilden. Ansonsten wird eine neue Parlamentswahl fällig. Frühere Ankündigungen, wonach die Koalitionsgespräche zwischen der Demokratischen Partei (DS) von Präsident Boris Tadic und der Demokratischen Partei Serbiens (DSS) des derzeitigen Ministerpräsidenten Vojislav Kostunica am vergangenen Wochenende beginnen würden, erwiesen sich als unzutreffend.

Rasim Ljajic, Chef der Demokratischen Partei des Sandschak, die bei der Wahl zusammen mit der DS antrat, nannte gegenüber B-92 die Aufschiebung der Regierungsbildung äußerst verantwortungslos" und "sowohl aus politischen wie auch wirtschaftlichen Gründen schädlich". Er bekräftigte seine Überzeugung, dass bis Ende März eine neue Regierung auf die Beine gestellt sein sollte.

Mehrere Gründe

Gründe für Verzögerungen gibt es mehrere: Sowohl die DS wie auch die DSS wollen den Regierungschef stellen. Eine Einigung, ob der DS-Kandidat, Ex-Finanzminister Bozidar Djelic, oder weiterhin Kostunica dem Kabinett vorstehen soll, wurde bisher nicht erzielt. Ferner ist keine Parlamentspartei daran interessiert, zum Zeitpunkt der Festlegung des Kosovo-Status in der Regierungsverantwortung zu stehen und möglicherweise den Verlust der Region begleiten zu müssen.

Der UNO-Sonderbeauftragte für den Kosovo, Martti Ahtisaari, will den Ankündigungen zufolge nach für Mittwoch einberufenen erneuten Wiener Gesprächen und dem für 10. März geplanten Gipfeltreffen Belgrads und Pristinas dem Weltsicherheitsrat seinen Lösungsvorschlag zum Beschluss vorlegen. Ob der Sicherheitsrat noch vor Mitte Mai entscheidet, ist ungewiss.

Premier Kostunica hofft ganz offensichtlich, dass das mächtigste UNO-Gremium den Vorschlag Ahtisaaris, der auf eine international überwachte Unabhängigkeit des Kosovo hinausläuft, nicht annimmt. Ein solches Nein würde seiner Meinung nach den Weg für "echte Verhandlungen" über den künftigen Status des Kosovo frei machen. Die kolportiert Möglichkeit, wonach die Vertreter der kosovo-albanischen Mehrheitsbevölkerung in der Region bei Ausbleiben einer UNO-Resolution einseitig die Unabhängigkeit verkünden, kommentierte Kostunica nicht. Serbien lehnt eine Unabhängigkeit des Kosovo ab; die Kosovo-Albaner beharren auf der vollen Souveränität. (APA)