London/Wien - Sinkende Arbeitslosigkeit und steigende Verbrauchernachfrage werden das Wachstum in Europa weiter stützen, erwartet die weltweit tätige Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P)laut einem am Montag veröffentlichten Bericht. Für die erste Jahreshälfte 2007 wird zwar noch eine leichte Abschwächung prognostiziert, in der zweiten Jahreshälfte werde das Wachstum aber wieder zulegen.

S&P erwartet, dass in den ersten sechs Monaten 2007 das Bruttosozialprodukt (BSP) der Eurozone um 2,0 Prozent wachsen werde. Deutschland und Italien würden in dieser Zeit "restriktive Reformpakete auf den Weg bringen". In der zweiten Jahreshälfte sollte das Wachstum zulegen und bis 2008 das BSP auf 2,3 Prozent ansteigen.

Entwicklung in Deutschland

Zur erwarteten Entwicklung in Deutschland, insbesondere zu den Auswirkungen der Mehrwertsteuer-Erhöhung von 16 auf 19 Prozent zu Jahresbeginn, sagt Jean-Michel Six, Chefvolkswirt für Europa bei S&P: "Eine der möglichen Gefahren für die europäische Wirtschaft für dieses und das kommende Jahr scheint gebannt, die vorläufigen Daten weisen darauf hin, dass die Anhebung der Mehrwertsteuer in Deutschland nur temporäre und geringe Auswirkungen sowohl auf die Inflation als auch auf die Verbrauchernachfrage hat."

Die "beiden wichtigsten Sorgen der Europäischen Zentralbank (EZB)" seien laut S&P weiterhin "einerseits hohe Geldvorräte und Kreditwachstum, und außerdem die Risiken einer steigenden Lohninflation". Es sei "unwahrscheinlich, dass diese bald verschwinden". Standard & Poor's geht deswegen davon aus, dass die Leitzinsen in diesem Jahr noch zwei Mal erhöht werden - im März sowie im dritten Quartal.

Six warnt vor zunehmenden "Divergenzen" der Länder der Eurozone: Deutschlands wachsender Handelsüberschuss werde weiter ausreichen, um Defizite anderer Länder auszugleichen und so der Eurozone ein ausgeglichenes Ergebnis zu bringen. Dies lasse wenig Druck in Richtung Abwertung des Euro entstehen. Ohne Reformen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bestehe jedoch das Risiko, dass defizitäre Länder ohne die Möglichkeit einer Wechselkursabwertung fiskalische Maßnahmen zu Hilfe nehmen könnten - etwa höhere indirekte Steuern oder niedrigere direkte Unternehmenssteuern. "Dieser fiskalische Wettbewerb innerhalb der Währungsunion würde sicherlich zu neuen Spannungen unter den Mitgliedern führen", so der S&P-Volkswirt. (APA)