Bern - Im Gegensatz zu Österreich entdeckt die Schweiz die "Generation 50plus": Als erstes großes Schweizer Unternehmen hat ABB ein Konzept "Generation 50plus" in Kraft gesetzt, um auch den älteren unter seinen 5000 Angestellten ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten. "Ältere Mitarbeitende verfügen über jahrelange Erfahrung, umfangreiches Know-how und stabile Beziehungen zu Kunden und Lieferanten", sagte der Personalchef von ABB Schweiz, Renato Merz, in einem Interview der Schweizer Fachzeitschrift Die Volkswirtschaft. ABB achtet laut dem Konzept "Generation 50plus" beispielsweise auf eine gute Altersdurchmischung der Teams; Aus- und Weiterbildung und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer gehören ebenso dazu wie die Möglichkeit, von körperlich anstrengenden auf weniger belastende Arbeitsplätze zu wechseln. Ferner flexible Arbeitszeitmodelle mit einer stufenweisen Pensionierung und die Möglichkeit, auch über das Pensionsalter hinaus teilzeitlich zu arbeiten.

Auch andere Unternehmen haben mittlerweile Konzepte für die "Generation 50plus" entwickelt, und auch die Bundesverwaltung zieht nach. Als neues Stichwort taucht in dem Konzept die "Bogenkarriere" auf: Wer bereits mit 50 oder 55 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn angelangt sei, solle lernen, nach gewisser Zeit auch wieder Verantwortung abzugeben. Dies dürfte freilich noch einiges an Überzeugungsarbeit und Anreizen benötigen, wird doch gerade im hierarchiebewussten Staatsapparat ein solcher "Schritt zurück" häufig nur als Prestigeverlust wahrgenommen und nicht als Gewinn an Lebensqualität.

Ein Versuch in Genf zeigte, dass Diskriminierungen durchaus nicht ungewöhnlich sind. In dem Versuch, an dem sich die Genfer Stadtwerke, die Kommunalbehörde des Vororts Vernier sowie der führende Einzelhandelskonzern Migros beteiligten, wurden bei Stellenbewerbungen sämtliche Daten anonymisiert – das heißt, dass weder das Alter, das Geschlecht noch die Herkunft des Bewerbers zu ersehen waren. Prompt wurden mehrere "atypische" Kandidatinnen und Kandidaten zum Vorstellungsgespräch geladen, einzelne gar eingestellt, die es sonst nie geschafft hätten. Und die Schweizer Fluggesellschaft Swiss geriet im Herbst in die Negativ-Schlagzeilen, weil sie älteren Flugbegleiterinnen die freiwillige Kündigung nahelegte. Als Abfindung bot Swiss ihren 900 Flight Attendants mit mehr als 13 Dienstjahren ein Jahresgehalt an. Rund 60 der Angefragten gingen auf den Deal ein. "Dieses Angebot ist diskriminierend", sagte dazu die Berner Karriereberaterin Ursula Meichle. "Ganz offensichtlich steht hier nicht die Sorge um das gesundheitliche Wohl im Vordergrund, sondern die Angst vor zu hohen Kosten und zu altem und damit unattraktivem Personal." (Klaus Bonanomi aus Bern, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.2.2007)