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Foto: APA/Artinger
Linz - Kontrollore dürfen flüchtende Schwarzfahrer nicht aufhalten. Das geht aus einem Entscheid des Oberlandesgerichtes (OLG) Linz hervor, der kürzlich erfolgte und am Dienstag bekannt wurde. Damit hob der OLG ein Urteil des Landesgerichtes auf, der Prozess muss wiederholt werden.

Es geht um die Verurteilung eines Mühlviertlers wegen Körperverletzung und versuchter Nötigung zu einer unbedingten Geldstrafe von 400 Euro. Der Angeklagte war in einer Straßenbahn zum Vorzeigen seines Fahrscheins aufgefordert worden. Doch statt dem Folge zu leisten, sprang er aus der Straßenbahn und versuchte davonzulaufen. Insgesamt drei Kontrollore - Mitarbeiter eines Security-Unternehmens - stellten sich ihm in den Weg und hielten ihn fest. Der ertappte Schwarzfahrer verletzte alle drei beim Versuch, sie abzuschütteln.

Genaue Prüfung

Der Verurteilte berief gegen das Urteil. Das Oberlandesgericht hob nun das erstinstanzliche Urteil wegen Nichtigkeit auf. In seiner Begründung stellte es fest, dass das Erstgericht genau prüfen müsse, ob Kontrollore ein Anhalterecht im Sinne der Strafprozessordnung hätten. Dieses sei nämlich nur dann gegeben, wenn der Fahrgast ein Vergehen zur Erschleichung einer Leistung gesetzt habe, etwa, wenn er einen falschen Ausweis zückt.

Das bloße Schwarzfahren ohne Irreführung eines Kontrollorgans stelle nämlich bloß eine Verwaltungsübertretung dar. In solchen Fällen bestehe kein Anhalterecht, weil Schwarzfahren als solches keinen gerichtlich bedrohten Tatbestand setze. Auch die Flucht des "blinden Passagiers" berechtige demnach nicht zur Anhaltung. Stellen sich Kontrollorgane dennoch in den Weg oder halten ihn fest, dann beschränken diese damit laut OLG ihrerseits den Schwarzfahrer möglicherweise rechtswidrig in seiner Bewegungsfreiheit (Paragraf 99 Strafgesetzbuch: Freiheitsentziehung).

Wehrt sich der Schwarzfahrer gegen diese rechtswidrige Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit, muss das Gericht genau prüfen, ob er in Notwehr gehandelt hat - Notwehr, die möglicherweise zu einem Freispruch führt. Nach der Aufhebung des Urteils muss nun das Erstgericht das Beweisverfahren wiederholen und neuerlich ein Urteil sprechen.

Kontrolleure berufen sich auf Selbsthilferecht

Manfred Kargl von der Firma Securitas, die für die Linz Linien die Fahrscheinkontrollen durchführt, stellte gegenüber der APA fest, es gebe in diesem Zusammenhang auch noch das "Selbsthilferecht" zum Schutz des Besitzes. Dieses erlaube sehr wohl eine Anhaltung.

Im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) sei der Schutz des Besitzes festgelegt. Dabei sei auch zur Abwendung von Gewalt die Anwendung von Gewalt gerechtfertigt, wenn richterliche Hilfe zu spät kommen würde. Das ermögliche, dass sich Kontrolleure dem Schwarzfahrer entgegenstellen oder ihn umringen, stellte Kargl unter Berufung auf entsprechende Rechtsgutachten fest. Es sei das geringste verfügbare Mittel.

Das sei in diesem Fall auch erfolgt, zudem sei gleich die Polizei verständigt worden. Der Schwarzfahrer sei dann aber "durchgebrochen" und habe die Kontrolleure verletzt. Man sehe der Wiederholung des Verfahrens gelassen entgegen. (APA)