Wien - Kurz- bis mittelfristig keinen Ärztemangel ortet Thomas Czypionka, Experte für Gesundheitsökonomie am Institut für Höhere Studien (IHS), am Dienstag im Gespräch mit der APA. Derzeit gebe es einen Überhang an Medizin-Absolventen, der sich etwa in Wartezeiten für die Turnus-Ausbildung - in Wien von drei Jahren, in den Bundesländern von einem halben bis ein Jahr - manifestiert. Und eine mögliche Aufhebung der derzeit gültigen Quotenregelung für das Medizin-Studium durch den Europäischen Gerichtshof werde sich frühestens erst in etwa sechs bis acht Jahren auswirken.

Schwer vorhersehbar

Langfristig gesehen werde es sehr stark von der Migrationsbereitschaft der Medizin-Absolventen abhängen, ob es zu einem Ärztemangel kommen wird. Es sei derzeit aber nur schwer prognostizierbar, wie viele Deutsche bereit sind, sich nach einem Studium in Österreich hier als Arzt niederzulassen bzw. wieder zurückzugehen, so Czypionka.

Ärztemangel in Ostdeutschland

Probleme sieht der Experte allerdings darin, wenn sich Länder die Ausbildung einer Berufsgruppe zuschieben und die Studienplätze im eigenen Land den zukünftigen Bedarf nicht decken können. So leide etwa Deutschland schon jetzt unter einem zunehmenden Ärztemangel, insbesondere im Osten. Daran sei der dort geltende Numerus Clausus maßgeblich beteiligt.

"Grenzüberschreitend denken"

Czypionka plädiert hier für eine gemeinsame Planung der Ausbildungskapazitäten, speziell wenn die Migration auf Grund eines gemeinsamen Sprachraums relativ leicht falle. "Hier müsste man grenzüberschreitend denken", sagte der IHS-Experte. Welche nationale Zusammensetzung dabei die zukünftige Ärzteschaft habe, also ob sich etwa Österreicher vermehrt um Studienplätze in Deutschland bewerben müssten, sei in erster Linie eine Sache des politischen Willens. (APA)