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Leopold Sedar Senghor 1984 an der Academie Francaise in Paris.

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Leopold Sedar Senghor - 1906 bis 2001.

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Paris/Dakar - Hätte er sich für eine der vielen Facetten seines Schaffens entscheiden müssen, hätte er das Leben eines Dichters geführt. "Die Poesie, das ist das wichtigste", sagte der Ex-Präsident des Senegal, Leopold Senghor, einmal. Als frankophiler Schriftsteller, Politiker und Philosoph war Senghor seit den 50er Jahren zum weltweiten Botschafter schwarzafrikanischer Kultur und gleichzeitig zur Symbolfigur für die politische und kulturelle Aussöhnung der Völker Afrikas mit ihren früheren kolonialen Unterdrückern geworden.

Viele Hoffnungen ruhten auf dem Dichter im Präsidentenpalast, nachdem er sein Heimatland Senegal 1960 aus französischer Kolonialherrschaft in die Unabhängigkeit geführt hatte. In seinen Essays und Gedichten hatte er bereits als junger Intellektueller im Frankreich der Nachkriegsjahre die Vision eines freien Afrika beschworen, das sich die technischen und zivilisatorischen Errungenschaften Europas zu Nutze macht, ohne das eigene kulturelle Erbe aufzugeben.

"Négritude"

Senghor war einer der Vordenker und Wortführer der "Négritude", einer kulturphilosophischen und literarischen Bewegung, die in den Dreißigerjahren von Studenten aus den französischen Kolonien in Paris gegründet wurde. Seine politischen Gedanken hat er in der fünfbändigen Essaysammlung "Liberté" ("Freiheit") formuliert. Neben vielen anderen Auszeichnungen nahm Senghor 1968 auch den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegen. Deutschland hatte er bereits zwischen 1940 und 1942 kennen gelernt - als Soldat der französischen Armee in Kriegsgefangenschaft.

Das Land der früheren Kolonialherren war für ihn ein Stück geistiger Heimat. Seine Werke verfasste Senghor ausschließlich auf Französisch. "Die Wörter des Französischen funkeln mit tausend Feuern, sie sind wie Diamanten", schwärmte der preisgekrönte Dichter. Dabei hatte Senghor, der 1984 als erster Afrikaner in die Academie Francaise aufgenommen wurde, bis zu seinem siebenten Lebensjahr kein Wort Französisch gesprochen. Die Sprache lernte er erst von katholischen Missionaren in seinem senegalesischen Heimatdorf Joal.

Afrikanischen Weg des Sozialismus

Obwohl er die enge Bindung seines Landes an Frankreich nie in Frage stellte, schlug Senghor als Staatschef einen spezifisch afrikanischen Weg des Sozialismus ein. Der Mensch war für Senghor Zentrum aller Konzepte und der Mensch in Afrika hat seiner Ansicht nach Vergangenheit, Kultur und zivilisatorische Prägung, die man nicht in das Korsett der Ideologie stecken könne, die im Europa der industriellen Revolution mit all ihren gesellschaftlichen und sozialen Voraussetzungen und Konsequenzen entstanden ist.

Der afrikanische Weg des Sozialismus sah ein Gesellschaftsmodell vor, in dem afrikanische Werte verankert sind. Die kulturelle, philosophische und moralische Identität Afrikas sollten darin widergespiegelt werden. Senghor forderte in dieser Perspektive die Befreiung der Bauern (aus der durch die Monokulturen geschaffenen Abhängigkeit), die nationale Unabhängigkeit und die Einrichtung eines demokratischen Regierungssystems.

Das Eintreten für seine Überzeugung vom Wert des Menschen, von der Bedeutung der eigenen kulturellen Tradition, der Stolz auf die eigene afrikanische Zivilisation und die Betonung der afrikanischen Identität trugen Senghor die Sympathie der ländlichen Bevölkerung ein.

Autoritärer Regierungsstil

Nicht ohne Schwierigkeiten lenkte er 20 Jahre lang die Geschicke seines Landes. Als überzeugter Christ sah er sich einer mehrheitlich muslimischen Bevölkerung gegenüber. Seine einende Philosophie im Sinne einer gemeinsamen Kultur half, gewisse Unterschiede zu überbrücken. Senghor gelang es, sein Land wirtschaftlich und politisch zu stabilisieren. Wie alle Zeitgenossen, denen von den ehemaligen Kolonialherren die Macht übertragen wurde, regierte Senghor dennoch autoritär. 1980 legte er sein Amt nieder. Léopold Sédar Senghor starb am 20. Dezember 2001 im Alter von 95 Jahren in Paris. (red/APA)