Dabei verdeckt die Stärke des Dienstleistungssektors die anhaltende Schwäche der verarbeitenden Industrie auf der Insel. Legt man ausschließlich Warenimporte und -exporte zugrunde, war 2006 mit einem Defizit von 6,5 Prozent des BIP sogar das schlechteste Jahr seit Beginn zuverlässiger statistischer Aufzeichnungen im Jahre 1696, als unter König Wilhelm III. von Oranien ein britisches Generalinspektionsbüro für Im- und Exporte eingerichtet wurde. Die damals erhobenen Zahlen sind mit der komplexen Statistik einer entwickelten Industriegesellschaft allerdings nur bedingt vergleichbar.
Kranker Mann Europas
Im Jahr 1974, ein Jahr nach der schweren Ölkrise und dem Jom-Kippur-Krieg von 1973, erreichte das Defizit 4,9 Prozent. Was damals den Eindruck von Großbritannien als "krankem Mann Europas" verstärkte, verursacht den Sachverständigen heute erheblich weniger Kopfzerbrechen. Denn 1974 herrschte Energieknappheit, in der Industrie wurde monatelang Kurzarbeit geleistet, die Wirtschaft befand sich in der Rezession, die Inflation verzeichnete zweistellige Zuwachsraten.
Derzeit hingegen befindet sich die Wirtschaft im 15. Wachstumsjahr, zuletzt um 2,6 Prozent. Die Inflation lag im Dezember zwar so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr (drei Prozent), ging im Jänner aber wieder auf 2,7 Prozent zurück - kein Anlass zum Alarm.
Drastische Energie-Verteuerungen
Weil Großbritannien wegen der zurückgehenden Nordsee-Förderung neuerdings zu den Netto-Importeuren von Öl und Gas gehört, schlug die erhebliche Energieverteuerung der letzten Monate auch auf die Handelsbilanz durch. Mittlerweile sinken die Energiepreise wieder; davon dürfte heuer auch die Handelsbilanz profitieren.