Nach der Abstimmung war es zu tumultartigen Szenen gekommen. Die Opposition forderte in Sprechchören Prodis sofortigen Rücktritt. Im Senat verfügt die Regierung Prodi nur dank der sieben Senatoren auf Lebenszeit über eine hauchdünne Mehrheit. Außenminister Massimo D'Alema hatte vor der Abstimmung die Dissidenten in den Reihen der Kommunisten und Grünen explizit gewarnt: "Wenn wir die Abstimmung verlieren, gehen wir alle nach Hause".
Rückzug ausgeschlossen
Zwei kommunistische Senatoren beteiligten sich nicht an der Abstimmung. Seit Wochen hatten mehrere Parlamentarier Widerstand gegen die Präsenz der italienischen Truppen in Afghanistan angekündigt und einen Verzicht auf die neue US-Basis in Vicenza gefordert. D'Alema hatte in seiner detaillierten Rede einen Rückzug des Kontingents aus Afghanistan ausgeschlossen.
Regierungschef Prodi hatte von Beginn an Mühe, seine bunte Koalition, die von den Christdemokraten bis zu den Kommunisten reicht, auf eine einheitliche politische Linie einzuschwören. Der Gesetzentwurf über die Anerkennung unverheirateter Paare hatte letzthin fast täglich zu Auseinandersetzungen zwischen dem katholischen Flügel des Ulivo und den Kommunisten geführt.
Nach der Niederlage im Senat trat die Regierung zu einer Krisensitzung zusammen, um über die politische Zukunft zu beraten. Familienministerin Rosy Bindi erklärte: "Die Schuldigen für diese Niederlage haben eine schwere Verantwortung auf sich geladen."
Am Abend begab sich Prodi zu Staatspräsident Giorgio Napolitano, der einen Besuch in Bologna unterbrochen hatte und umgehend nach Rom zurückgekehrt war. Napolitano behielt es sich vor, über den Rücktritt zu entscheiden. Der Staatspräident will bereits am Donnerstag vormittag seine Beratungen zur Beilegung der Regierungskrise beginnen
Trotz der Krise ist nicht mit baldigen Neuwahlen zu rechnen. Als eine der möglichen Optionen gilt ein Expertenkabinett, das einige vordringliche Reformen wie die Änderung des Wahlrechts durchführen und das Land anschließen zu Neuwahlen führen könnte. Vor allem die beiden kommunistischen Parteien wollen die Ulivo-Koalition weiterhin an der Regierung sehen. "Es wäre kriminell, die Regierung wieder in die Hände der Rechten zu legen", erklärte der Vorsitzende der Comunisti italiani, Oliviero Diliberto.