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Jubel bei den Mandataren des oppositionellen Mitte-rechts-Bündnisses nach der Abstimmungsniederlage der Regierung im italienischen Senat.

Foto: AP/Lepri
Fünf Jahre wollte er regieren. Doch sieben Monate nach seiner Vereidigung ist der italienische Premier Romano Prodi am Widerstand in den eigenen Reihen gescheitert. Der Regierungschef trat am Mittwoch zurück, nachdem seine Koalition im Senat die Abstimmung über die Leitlinien der Außenpolitik mit 158 zu 160 Stimmen verloren hatte.

Nach der Abstimmung war es zu tumultartigen Szenen gekommen. Die Opposition forderte in Sprechchören Prodis sofortigen Rücktritt. Im Senat verfügt die Regierung Prodi nur dank der sieben Senatoren auf Lebenszeit über eine hauchdünne Mehrheit. Außenminister Massimo D'Alema hatte vor der Abstimmung die Dissidenten in den Reihen der Kommunisten und Grünen explizit gewarnt: "Wenn wir die Abstimmung verlieren, gehen wir alle nach Hause".

Rückzug ausgeschlossen

Zwei kommunistische Senatoren beteiligten sich nicht an der Abstimmung. Seit Wochen hatten mehrere Parlamentarier Widerstand gegen die Präsenz der italienischen Truppen in Afghanistan angekündigt und einen Verzicht auf die neue US-Basis in Vicenza gefordert. D'Alema hatte in seiner detaillierten Rede einen Rückzug des Kontingents aus Afghanistan ausgeschlossen.

Regierungschef Prodi hatte von Beginn an Mühe, seine bunte Koalition, die von den Christdemokraten bis zu den Kommunisten reicht, auf eine einheitliche politische Linie einzuschwören. Der Gesetzentwurf über die Anerkennung unverheirateter Paare hatte letzthin fast täglich zu Auseinandersetzungen zwischen dem katholischen Flügel des Ulivo und den Kommunisten geführt.

Nach der Niederlage im Senat trat die Regierung zu einer Krisensitzung zusammen, um über die politische Zukunft zu beraten. Familienministerin Rosy Bindi erklärte: "Die Schuldigen für diese Niederlage haben eine schwere Verantwortung auf sich geladen."

Am Abend begab sich Prodi zu Staatspräsident Giorgio Napolitano, der einen Besuch in Bologna unterbrochen hatte und umgehend nach Rom zurückgekehrt war. Napolitano behielt es sich vor, über den Rücktritt zu entscheiden. Der Staatspräident will bereits am Donnerstag vormittag seine Beratungen zur Beilegung der Regierungskrise beginnen

Trotz der Krise ist nicht mit baldigen Neuwahlen zu rechnen. Als eine der möglichen Optionen gilt ein Expertenkabinett, das einige vordringliche Reformen wie die Änderung des Wahlrechts durchführen und das Land anschließen zu Neuwahlen führen könnte. Vor allem die beiden kommunistischen Parteien wollen die Ulivo-Koalition weiterhin an der Regierung sehen. "Es wäre kriminell, die Regierung wieder in die Hände der Rechten zu legen", erklärte der Vorsitzende der Comunisti italiani, Oliviero Diliberto.

"Die Regierung muß weitermachen", forderte der Parteichef von Rifondazione Comunista, Franco Giordano. Der Christdemokrat Marco Follini brachte eine neue Mittelinks-Regierung unter Ausschluß der Kommunisten ins Spiel. Als wahrscheinlichste Lösung gilt ein neuer Auftrag Napolitanos an Romano Prodi, der mit einem umgebildeten Kabinett weiterregieren könnte. Der Rücktritt von Außenminister Massimo D'Alema, dessen Leitlinien vom Senat abgelehnt wurden, gilt als sicher. (Gerhard Mumelter aus Rom)