Will die Integration mit Schering bis Sommer abschließen: der Chef von Bayer Austria, Martin Hagenlocher.

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STANDARD: Bayer hat mit dem Kauf von Schering seine Position im Gesundheitsbereich gestärkt. Ist dieser Markt noch immer attraktiv?

Hagenlocher: Es ist ein wachsender Markt, weil die Bevölkerung wächst. Es ist ein Markt mit vielen Bedürfnissen, die noch nicht befriedigt sind – Stichwort Krebstherapie. Es ist aber auch ein Markt, in dem die Patienten von Innovationen profitieren können und daher attraktiv.

STANDARD: Seit sechs Wochen gibt es eine neue Bundesregierung und mit Andrea Kdolsky eine neue Gesundheitsministerin. Sie haben noch keine Diskussion über die Erstattung von Kosten angezettelt. Warum?

Hagenlocher: Die neue Ministerin soll Zeit haben, sich einzuleben. Ich bin optimistisch, dass alles gefördert wird, was notwendig ist. Im Regierungsprogramm findet sich ein klares Bekenntnis zu einer umfassenden Versorgung. Jetzt geht es darum, das Programm umzusetzen, daran wird die Ministerin zu messen sein.

STANDARD: Was im Regierungsprogramm steht, passt?

Hagenlocher: Es gibt darin ein klares Bekenntnis zur integrierten Gesundheitsversorgung – eine Forderung, die unser Branchenverband seit vielen Jahren aufstellt. Auch gibt es die Bereitschaft, sich zu überlegen, auch beitragsseitig mehr Geld in das System fließen zu lassen. Gesundheit kostet etwas. Ohne Beitragserhöhungen wird es nicht gehen bei einer alternden Bevölkerung und dem, was Diagnostik und Medizin an Fortschritt bieten können.

STANDARD: Bei den verschreibungspflichtigen Medikamenten werden der Pharmabranche vom Staat die Daumenschrauben angesetzt, bei den rezeptfreien drängen verstärkt chinesische und indische Anbieter auf den Markt und drücken die Preise. Sehen Sie ein Schlupfloch, aus dieser Zwickmühle herauszukommen?

Hagenlocher: Es geht nicht um Schlupflöcher, sondern darum, dass wir als Branche Nutzen für die Patienten bringen. Wir haben ein hohes Investment und dieses soll ja wieder eingespielt werden können über Produkte, die neu auf den Markt kommen und den Patienten einen Mehrwert bringen. Wir wollen uns in diesem Rahmen bewegen können.

STANDARD: Bayer hat Schering 2006 übernommen. Wie weit sind Sie mit der Integration?

Hagenlocher: Wir sind seit Mitte letzten Jahres dabei, gemeinsam unser neues Unternehmen mit gemischten Teams aus beiden Firmen zu planen und befinden uns auf gutem Weg. Die Unternehmenskulturen sind natürlich unterschiedlich geprägt, passen im Großen und Ganzen aber sehr gut zusammen.

STANDARD: Auf einer Skala von eins bis 100, wo würden Sie sagen, dass Sie zurzeit stehen?

Hagenlocher: Wenn wir als Ziel den Tag nehmen, an dem wir nach der Integration unter einem Dach sind, bei 80 bis 85 Prozent.

STANDARD: Die Integration wird noch heuer abgeschlossen?

Hagenlocher: Ende des zweiten Quartals – spätestens.

STANDARD: Durch die Fusion könnten bis zu 6000 Mitarbeiter betroffen sein, hat es geheißen. Wie viele in Österreich?

Hagenlocher: Weltweit kann man noch nicht sagen, wie sich das auswirken wird. In Österreich beginnen wir jetzt mit der Feinplanung. Schering ist hier Teil der Bayer Austria und wir haben sehr komplementäre Produktportfolios. Wir haben keine Produktion, keine großen Forschungsstätten, sodass wir hier in diesem klassischen Integrationsbereich etwas weniger betroffen sind. Und da, wo es tatsächlich einen Anpassungsbedarf gibt, werden wir das sozial sehr verträglich machen.

STANDARD: Bayer hat in Österreich vor der Fusion knapp 200 Mitarbeiter gehabt, Schering rund 80. Für Sie ist der Prozess nicht neu, Sie haben vorher bereits Roche integriert...

Hagenlocher: ...und Aventis CropSience in Bayer Crop_Sience, noch früher Kiron in die Diagnostics, die nun als Ganzes in Siemens aufgeht. Heutzutage ist das so etwas wie Kernkompetenz, nämlich Integrationen so abzuwickeln, dass gleichzeitig das Geschäft erfolgreich weiterläuft.

STANDARD: Sie sagen, je öfter man’s macht, desto besser geht’s?

Hagenlocher: Erfahrung spielt hier sicher auch eine Rolle. Fehlerfrei macht man es nie, weil es immer wieder neue Herausforderungen sind. Aber es macht doch einen Unterschied, ob man die Verantwortung für so ein Projekt das erste Mal hat oder ob es zum achten oder neunten Mal passiert. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.2.2007)