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Prost auf Stoibers Abschied: Innenminister Beckstein (li.) soll im Herbst Ministerpräsident werden, Wirtschaftsminister Huber (re.) den CSU-Vorsitz übernehmen.

Fotos: dpa/Kneffel
"Hau ab, du Königsmörderin!", "Schleich dich!", "Buh, pfui!" Als Gabriele Pauli am Aschermittwoch die Dreiländerhalle in Passau betritt, gellen ihr hundertfache Pfiffe entgegen. Doch die aufmüpfige Landrätin aus Fürth nimmt den Spießrutenlauf durch die tobende Menge auf sich und geht erhobenen Hauptes nach vorne, um in der Vorstands-Riege Platz zu nehmen. "Hexe! Hexe!", schreit auch Josef Naab aus Neumarkt laut. "Die bringt nur Unruhe", klagt er und lässt keinen Zweifel, dass es ihm um Edmund Stoiber sehr leid ist: "So ein guter Ministerpräsident. Bayern ist doch topp aufgestellt."

6000 CSU-Anhänger sind gekommen, so viele wie seit zehn Jahren nicht bei einem politischen Aschermittwoch. Die Basis will Edmund Stoiber feiern und Abschied nehmen. Nächstes Jahr wird hier ein anderer als CSU-Chef sprechen. Entweder Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber oder Bundesverbraucherminister Horst Seehofer, der seinen Auftritt in Passau überraschend abgesagt hat. Das nutzt Huber natürlich und funktioniert sein Grußwort gleich in eine Bewerbung um: "Ich kandidiere als Mann der Mitte und der Basis."

"Vergelt's Gott, Stoiber"

Der Applaus ist freundlich, doch nun soll Huber bitte rasch Platz machen. Es ist Stoibers Tag, es ist sein Hochamt. Und der Ministerpräsident kann, wenn er vom Rednerpult auf die Menge herabblickt, zufrieden sein. "Danke für 14 tolle Jahre", "Edi, du bist der Beste" und "Vergelt's Gott, Stoiber" steht auf Schildern. Einer hat einen "russischen Spruch" auf sein Transparent geschrieben: "Wo der Teufel seine Macht verspielt hat, schickt er ein Weib." Stoiber wird Pauli nicht los. Während er spricht, sitzt sie ihm buchstäblich im Nacken.

Ja zur Familie, ja zur Atomkraft, keine Gnade für RAF-Terroristen, Bayern ist das schönste Land der Welt, "vergesst nicht die Tradition" - Stoiber hantelt sich routiniert durch seine Themen. Doch der Funke will zunächst nicht recht überspringen. Erst nach zwei Stunden bekommt er die Halle in den Griff. "Bei uns gilt das Grundgesetz und nicht die Scharia!", "Killerspiele - das Dreckszeug gehört nicht ins Kinderzimmer", "Kein EU-Beitritt für die Türkei", donnert Stoiber in bewährter Aschermittwochsmanier.

"Pauli raus"

Still wird es, als Stoiber sagt, er habe auch dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht erklären können, warum er eigentlich gehe. "Ich blicke nicht zurück, sondern nach vorne. Es geht nicht um mich, sondern um die Zukunft", betont er, aber es nützt nichts: "Pauli raus, Hexe raus", skandiert die Menge erneut. Die Landrätin aber bleibt und applaudiert höflich.

Nachdem Stoiber der Union aufgetragen hat, so stark zu werden, dass gegen sie nicht regiert werden kann, kommt auch Pauli indirekt dran. Der scheidende Ministerpräsident, der kein Hehl daraus macht, dass er die Partei an Huber übergeben will, warnt: "Wenn der Egoismus und die Disziplinlosigkeit einzelner bleibt, dann wird die CSU nicht die größte bleiben." Als habe man einen Schalter umgelegt, brüllt es wieder "Pauli raus! Pauli raus!" Die Landrätin aber bleibt bis zum bitteren Ende (zehn Minuten Standing Ovations für Stoiber) und gibt im Abgehen noch ihre Bewertung des Aschermittwochs ab: "Es gibt Teile in der CSU, die den Wandel immer noch nicht verstanden haben." (Birgit Baumann aus Passau, DER STANDARD, Printausgabe 22.2.2007)