Wien - Am Opernball gab man sich heuer geradezu traditionell: Die 2007er-Damenspende war ein Tanzbüchlein. Dabei wirken die gegenwärtig beim Eintritt in den Ballsaal überreichten Damenspenden nicht selten wie der Gipfel der Geschmacklosigkeit.

Ob Billigglas oder Warenproben Frauen von heute wirklich eine unvergesslichen Ballnacht in Erinnerung rufen, ist fraglich - bezüglich der Einfallslosigkeit immerhin möglich. In Sammlerkreisen sind die überreichten Kleinodien aus galanteren Zeiten längst eine eigene Rubrik. Im Dorotheum gelangen sie immer wieder zur Auktion, bei Kleinkunst-Versteigerungen oder in der Sparte Kaiserhaus, in Preisklassen von 100 bis 1000 Euro finden sie dann einen neuen Vitrinenplatz.

Den Höhepunkt erlebte die Tradition der Damenspende zwischen 1880 und 1900. Durch die strengen behördlichen Verbote des 18. Jahrhunderts war das Faschingstreiben von der Straße verbannt worden. Ersatz fand die Fröhlichkeit im Ballsaal. Das vorgeschriebene Zeremoniell beinhaltete eine detaillierte Tanzordnung, über deren Reihenfolge die Damenspende informierte und in der man etwaige Reservierungen eintrug.

Zur gefragtesten Gattung zählen heute die zu den Hofbällen gereichten Kostbarkeiten. Etwa Ballspenden in Gestalt von Miniaturkopien der Kopfbedeckungen sämtlicher Waffengattungen der alten Armee, die im Inneren jedoch keine Tanzkarte enthielten - zu Hofe verpflichtete die Abendbegleitung! -, sondern Konfekt der k. k. Hofzuckerbäckerei Demel.

Solche Mini-Tschakos werden ab 370 Euro gerufen. Ein ebenso begehrtes "Souvenir" wurden die mit Fotografien von Mitgliedern des Kaiserhauses geschmückten "Hofzuckerln". Anlässlich der Anwesenheit des spanischen Königs Alfons XIII. zierten 1910 die Porträts Kaiser Franz Josephs I. und der Erzherzogin Elisabeth Maschen in den Farben Gelb und Rot. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann das gesellschaftliche Leben in der Vorstadt und das aufblühende Vereinswesen von Bedeutung. Zum elitären Techniker-Ball reichte man höchst originelle Kunstwerke, deren Vorbild die neuesten technischen Errungenschaften waren.

Dieserart die Antriebsmaschine von 1891 (Rufpreise um die 200 Euro) oder einen Dampfkessel mit Manometer und Wasserstandsanzeiger. Eine weitere Gruppe umfasst den militärischen Bereich, der in Originalität - Kanonen, aus deren Rohr die Tanzordnung herausschoss - und Galanterie um nichts nachstand: Zum Kostümkränzchen überreichte das Militärkasino Theresienstadt 1897 Döschen in Gestalt einer Buchattrappe - zunächst fanden die Damen einen Spiegel mit der Überschrift "Bild der schönsten Tänzerin", die Tanzordnung verbarg sich erst unter diesem Kompliment. (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.2.2007)