Wien - Im Fall der im Jahr 2001 spektakulär Pleite gegangenen Wiener Internetfirma YLine ist am Mittwoch der erste Strafprozess gestartet. Wie das "WirtschaftsBlatt" in seiner Donnerstag-Ausgabe berichtete, fand im Wiener Landesgericht für Strafsachen die erste Verhandlung statt. Staatsanwalt Georg Krakow, der auch die Anklage in der Bawag-Affäre vertreten wird, eröffnete demnach seine Anklage mit dem Vorwurf der vorsätzlichen Steuerhinterziehung von 300.000 Euro. Strafdrohung: bis zu zwei Jahre Haft.

Richterin Claudia Moravec-Loidolt soll laut Zeitung zur ersten Verhandlung Werner Böhm, Gründer von YLine, Anneliese Prem, früher als YLine-Vorstand für die Beteiligungen zuständig, und den Deutschen Johannes-Georg Staab, Ex-Geschäftsführer der YLine-Tochter Proofit-M-Commerce, vorgeladen haben.

Abgabenhinterziehung

Im Mittelpunkt der jetzigen Vorwürfe steht die YLine-Baukasten-Software ARES, die es laut Krakow nie als gebrauchsfähiges Produkt gegeben hat: "Wenn man eine Rechnung ausstellt über etwas, das es nicht gibt, darf man auch keine Vorsteuer von der Rechnung geltend machen. Das nennt man dann Abgabenhinterziehung", erklärte Krakow laut Bericht. Böhm, Prem und Staab, vertreten durch die Anwälte Johannes Schmidt, Florian Kremslehner, Peter Philipp und Robert Schneider, wiesen die Vorwürfe zurück und bekannten sich als nicht schuldig. Der Prozess wurde vertagt.

Der frühere IBM- bzw. CA-Mitarbeiter Böhm hatte Ende der neunziger Jahre mit seiner IT- und Provider-Firma für Furore gesorgt. 30.000 IBM-PC wurden unter die Leute gebracht. Im Sommer 2000 ging YLine in Brüssel an die Börse. Danach platzte ein Deal mit der Firma Beko. Im Juli 2001 eskalierte eine "Zahlungs-Auseinandersetzung" mit IBM. Zwei Monate später musste Böhm schließlich Konkurs beantragen. Zurück blieben nicht nur 22 Mio. Euro Schulden sondern auch die Aktionäre, die mit der Firma ihr Vermögen verloren. Das Insolvenzverfahren läuft noch.

Ermittelt wurde in den vergangenen Jahren nicht nur wegen Abgabenhinterziehung sondern auch wegen Betrugs, der Untreue und des Insiderhandels. So soll das Unternehmen für übernommene Firmen an Verkäufer im Naheverhältnis von YLine laut einem Gutachten des Masseverwalters 36 Mio. Euro zu viel gezahlt haben - zum Teil durch Ausgabe neuer Aktien, die an der Börse dann versilbert worden sein sollen. Die Kritik richtete sich damals auch gegen den seinerzeitigen Aufsichtsratsvorsitzenden und steirischen Industriellen Ernst Hofmann. Böhm und Hofmann bestritten die Vorwürfe jedoch. Böhm hat zuletzt seinerseits Klagen gegen den Gutachter angekündigt. In einem Nebenverfahren, in dem es um den Vorwurf der Vollstreckungsvereitelung ging, ist Böhm bereits 2005 rechtskräftig freigesprochen worden.

Böhm zahlt Geld an Masse zurück

Bereits 6,5 Mio. Euro in der Masse - Zwangsausgleich aber nicht in Sicht Wien/APA Im Konkursverfahren rund um die Pleite des Wiener Internet-Konzerns YLine hat sich der Gründer und frühere Firmenchef Werner Böhm jetzt offenbar selbst zur Rückzahlung von Geldern an die Gläubiger bereit erklärt. Böhm sei einer jener fünf gewesen, der sich im Zivilrechtsstreit durch einen Vergleich mit dem YLine-Masseverwalter geeinigt hätten, berichtete ein Kenner der Materie am Donnerstag der APA. Das laufende Strafverfahren gegen Böhm ist davon jedoch unberührt.

Der einstige Internet-Guru, der sich selbst nach der Insolvenz als mittellos deklarierte, habe mit dem Masseverwalter eine Ratenzahlung vereinbart. Wie viel er in Summe zurückzahlt, ist noch nicht bekannt. Masseverwalter Georg Stapf wollte sich auf APA-Anfrage dazu nicht äußern. Er bestätigte nur die fünf Vergleiche und, dass sieben weitere Prozesse noch im Laufen seien. In Summe sei die Masse durch die Vergleiche in der Zwischenzeit auf 6,5 Mio. Euro angewachsen. An den Passiva habe sich nichts geändert.

Zuletzt hatte Stapf die ausständigen Schulden mit 22 Mio. Euro beziffert. Die notwendige Mindestrückzahlungsquote von 20 Prozent ist damit bereits erreicht. Weil der Hauptgläubiger von YLine, der Computerkonzern IBM, angesichts der laufenden Verfahren darauf hoffen kann, dass die Masse noch weiter anwächst, gilt seine Zustimmung zu einem Zwangsausgleich als äußerst unwahrscheinlich. (APA)