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Andreotti: siebenfacher Ex-Premier habe sich nicht aus Berechnung der Stimme enthalten

Foto; AP Photo/Pier Paolo Cito
Rom - Jene Senatoren auf Lebenszeit, die bei der Abstimmung im Senat zur Außenpolitik gegen die Regierung Prodi gestimmt haben, sind am Donnerstag arg unter Beschuss geraten. Zu ihnen zählt der siebenmalige Ministerpräsident Giulio Andreotti, der sich bei der Abstimmung enthalten hat, was im Senat einem "Nein" gleichkommt. "Ich habe es nicht aus Berechnung getan. Ich dachte nicht, dass meine Stimme für den Fortbestand der Regierung Prodi ausschlaggebend gewesen wäre", rechtfertigte sich der 88-Jährige. Doch ihm glaubt keiner, schließlich hat die "politische Wendigkeit" den Christdemokraten zum langlebigsten italienischen Politiker gemacht.

Laut politischen Beobachtern wollte sich Andreotti mit seiner Stimmenenthaltung auf die verfehlte Wahl zum Senatspräsidenten im vergangenen Mai rächen. Andreotti galt damals mit dem amtierenden Senatspräsidenten Franco Marini als aussichtsreichster Kandidat. Er hatte um wenige Stimmen das Ziel verfehlt, weil ihm die notwendige Unterstützung aus dem Mitte-Links-Lager fehlte.

Manipuliert von Berlusconi

Auch der Senator auf Lebenszeit Sergio Pininfarina, der sich bei der Abstimmung im Senat der Stimme enthalten hatte, wurde von der Prodi-Koalition scharf angegriffen. Der bekannte Industrielle wurde beschuldigt, von der Mitte-Rechts-Opposition um Silvio Berlusconi manipuliert worden zu sein. "Verräter!", riefen ihm einige Senatoren nach der Abstimmung zu. Scharfe Angriffe mussten auch die kommunistischen Senatoren Fernando Rossi und Franco Turigliatto hinnehmen, die gegen die Regierung stimmten, was zur eklatanten Niederlage führte. Die kommunistischen Parteien hatten zuletzt scharfe Kritik an den Plänen der Regierung Prodi zur Neufinanzierung der Afghanistan-Mission geübt. Auch der von der Regierung genehmigte Ausbau des US-Stützpunktes in Vicenza hatte die Kommunisten verärgert.

Vatikan-Lobby

In politischen Kreisen spricht man auch von einer vom Vatikan manipulierten Lobby christdemokratischer Parlamentarier, die sich aktiv für den Sturz der Regierung Prodi eingesetzt habe. Ihr Ziel sei, das umstrittene Gesetz zur Legalisierung der homo- und heterosexuellen Lebenspartnerschaften (PACS) zu stoppen, gegen das sich der Vatikan vehement stemmt. Der Lobby soll auch der Senator auf Lebenszeit und Ex-Staatschef Oscar Luigi Scalfaro angehören, der gestern angeblich aus Gesundheitsgründen an der Abstimmung im Senat nicht teilgenommen hat.

In Rom spekuliert man jetzt über die Möglichkeit einer Erweiterung der Mitte-Links-Allianz auf die christdemokratische UDC von Pier Ferdinando Casini. Die Gruppierung, die der Mitte-Rechts-Allianz um Silvio Berlusconi angehört, hatte in den vergangenen Monaten öfters den Medienzaren kritisiert und die Möglichkeit eines Übertritts in die Regierungskoalition nicht ausgeschlossen. Auch eine Große Koalition nach österreichischem Modell wird erwogen, doch ein Zusammenarbeiten von Links und Rechts hat es bisher in Italien noch nie gegeben. (APA)