Brüssel/Berlin - Jahrelang hatte die deutsche Regierung damit zu kämpfen, die Drei-Prozent-Hürde des Euro-Stabilitätspakts nicht zu überspringen. Und dann das: Das Statistische Bundesamt gab am Donnerstag bekannt, dass die Neuverschuldung im vergangenen Jahr auf 1,7 Prozent in Deutschland gesunken sei. Der Grund: Höhere Steuereinnahmen als prognostiziert.

Die EU-Kommission hat die deutliche Senkung des deutschen Staatsdefizits im vergangenen Jahr begrüßt und stellt sich auf ein Ende des Defizit-Mahnverfahrens ein. Eine Sprecherin sagte am Donnerstag in Brüssel, dass die drastische Senkung eine gute Nachricht sei. 2005 hatte das Defizit noch bei 3,2 Prozent und damit oberhalb der Grenze des Stabilitätspaktes gelegen.

Besser als erwartet

Die Kommission habe bereits damit gerechnet, dass die deutsche Haushaltsentwicklung besser gewesen sei als erwartet. Nun warte die Behörde noch die offizielle Meldung der Berliner Bundesregierung ab, die spätestens am 1. April vorliegen müsse. Danach werde sie über die Folgen für das seit 2003 laufende Defizitverfahren gegen Deutschland beraten. Wahrscheinlich könne die Entscheidung noch unter der deutschen EU-Präsidentschaft bis Juni fallen. Währungskommissar Joaquín Almunia hatte bereits eine Einstellung des Verfahrens in Aussicht gestellt, das die deutschen Finanzen wegen der seit 2002 andauernden Verstöße gegen den Stabilitätspakt unter besondere Überwachung gestellt hatte.

Größter Defizitabbau in Europa

Deutschlands Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sprach am Donnerstag vom "aktuell größten Defizitabbau in Europa". Zugleich bekräftigte er, die erfreulichen Zahlen dürften nicht davon ablenken, dass Deutschland beim Schuldenabbau noch lange nicht über den Berg sei. Nach wie vor sitze Deutschland auf einem Schuldenberg von 1.500 Mrd. Euro. Die Deutsche Bundesbank hält in ihrer Prognose schon 2009 einen ausgeglichenen Bundesetat für möglich. Manche rechnen sogar mit Überschüssen. Steinbrück, der sich mit allzu forschen Prognosen zurückhält, wird beim Schuldenabbau dafür jedoch einen Gang höher schalten und seine bisherige Finanzplanung bis zum Sommer gründlich überarbeiten müssen.

Ab 2008 zeichnen sich aber Einnahmeausfälle von acht Milliarden Euro durch die Unternehmenssteuerreform ab. Der Bundeszuschuss zu den gesetzlichen Krankenkassen steigt auch ständig an. Bis 2016 sind dafür insgesamt 80 Milliarden fällig. (dpa, Reuters, afs, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.2.2007)