Auch in den Jahren 2007 und 2008 werde man vom üblichen Klimt-Schiele-Standard immer wieder abweichen - so auch mit der Hesse-Schau, die ab morgen bis 3. Juni zu sehen ist. Mit rund 100 Aquarellen, illustrierten Handschriften, Briefen und Gedichten erhält man dabei einen umfassenden Überblick über die unbekannte Seite des Dichters.
Ein Drittel der Arbeitszeit gemalt
Immerhin ein Drittel seiner Arbeitszeit hat Hermann Hesse (1877-1962) auf die Malerei verwendet, erzählte der Kurator des bildnerischen Parts der Ausstellung, Volker Michels. In seinem Nachlass fanden sich demnach 3.000 Aquarelle, von denen "viele zwar naiv" seien, "rund 500 aber durchaus eine Verwandtschaft mit August Macke" offenbaren.
Skeptischer begegnete Museums-Direktor Rudolf Leopold dem Vergleich mit dem großen Expressionisten: "Hesses Malerei hatte sicher nicht die Qualität von Macke, aber er war sicher von ihm beeinflusst." Die Gestaltung der Motive sei zum Teil eindrucksvoll, aber er als Sammler begeistere sich doch mehr für den Dichter als den Maler Hermann Hesse.
Der Dichter genießt auch heute noch hohes Ansehen: Mit einer weltweiten Auflage von 120 Millionen Exemplaren und monatlich 30.000 verkauften Büchern gilt er als einer der Stützen des Suhrkamp-Verlages. Für die Kuratorin des biografisch-literarischen Teils der Ausstellung, Bettina Leder-Hindemith, ist das Leopold Museum im MuseumsQuartier "ein selten geeigneter Platz für das Doppelprojekt".
An den Wänden hängen die Daten über Hesses Leben, in den Räumen selbst - zum Teil mit gemütlichen Sitzkojen ausgestattet - lässt sich das umfangreiche und "lautmalerische" Werk von "Peter Camenzind" über "Steppenwolf" und "Siddhartha" bis hin zum "Glasperlenspiel" erfahrbar machen.
Im 40. Lebensjahr zu malen begonnen
Zu malen hat der Literaturnobelpreisträger erst mit dem 40. Lebensjahr begonnen, wie viele seiner Werke verdankte sich dieses neue künstlerische Engagement dem Versuch der Krisenbewältigung. Als steter Gegner nationalsozialistischer Umtriebe von der Öffentlichkeit als "vaterlandsloser Gesell und Gesinnungslump" beschimpft und von familiären Schicksalsschlägen gepeinigt, begab er sich bei einem Freund von C.G. Jung in Psychotherapie.
Dieser riet, seine Träume nicht nur zu schildern, sondern bildnerisch darzustellen - und nicht zuletzt der Umzug in die Südschweiz ließ aus den dunklen und irdenen plötzlich helle, kräftige und fast expressionistische Farben werden. In der Ausstellung ist sein malerisches Schaffen chronologisch zu verfolgen.