Bei aller Euphorie über das hohe Wirtschaftswachstum in den Staaten Ost- und Südosteuropas darf eines nicht aus den Augen verloren werden: Die Basis, auf der dieses Tempo aufsetzt, ist in den meisten Fällen verdammt niedrig. Noch immer wird die europäische Wirtschaftsleistung zu 90 Prozent von den "alten" Staaten, den EU-15, getragen.

Da auch die EU-15 erfreulicherweise ein - wenn auch viel niedrigeres - Wirtschaftswachstum einfahren, bedeutet dies, dass die Wohlstandsschere zwischen den reichen und den armen Ländern Europas noch viele Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte, weit auseinanderklaffen wird. Mit all den Problemen, die ein solch gravierendes Gefälle innerhalb eines geografisch engen, wirtschaftlich zunehmend zusammenwachsenden Raumes mit sich bringt.

Damit sollen jetzt nicht die Bemühungen kleingeredet werden, die die Länder im Osten und Südosten Europas auf sich nehmen, um wirtschaftlich an die alten EU-Staaten aufzuschließen. Angesichts der schönen Wachstumszahlen, die regelmäßig publiziert werden, muss nur von Zeit zu Zeit klar gemacht werden, dass der Weg zu einem (halbwegs) homogenen und ausgeglichenen Wirtschaftsraum noch weit ist und dass dieser Weg irgendwann einmal auch steinig sein wird. Spätestens dann, wenn der Wirtschaftsmotor irgendwann wieder stottert.

Mut macht da die Beobachtung der Forscher, dass der private Konsum im Osten an Bedeutung gewinnt und dort schön langsam zu einer Säule des Wirtschaftswachstums wird. Eine Wirtschaft, die ausschließlich auf den Außenhandel ausgerichtet ist und mit einem viel niedrigeren Lohnniveau zudem die Struktur der Abnehmerstaaten in der EU unterminiert - damit ist niemandem gedient.(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.2.2007)