Von den Erfolgen des Video-Portals YouTube, der populäre Online-Welt Second Life oder der Foto-Plattform Flickr wollen nun auch die Unternehmen stärker profitieren. "Virtuelle Welten stellen einen öffentlichen Raum dar, in dem man nicht den Restriktionen der Realität unterworfen ist. Immer mehr Firmen entdecken deshalb diese Welt als eine weitere Plattform, um ihre Produkte zu präsentieren", sagte ao.Univ.Prof. Dr. Dieter Merkl vom Institut für Softwaretechnik und Interaktive Systeme an der TU Wien bei einer Podiumsdiskussion der APA-E-Business-Community am Donnerstagabend in Wien.

Second Life als Umgebung zur Präsentation von Inhalten

Besondere mediale Beachtung finde derzeit die 3D-Welt Second Life, die weniger ein Spiel, als vielmehr eine Umgebung zur Präsentation von Inhalten sei. "Alles, was in dieser Umgebung dargestellt wird, wurde von den Teilnehmern erschaffen. Das ist eine Fortführung der Idee des User Generated Content in einer drei-dimensionalen Welt", sagte der Experte. Dadurch würden sich auch neuen Chancen für Produktpräsentationen ergeben. Bei einem amerikanischen Textil-Geschäft in Second Life erhalte der Kunde, wenn er ein virtuelles Produkt kauft, automatisch einen Gutschein für Ermäßigungen bei den realen Filialen. "Das ist ein Anreiz, durch den die Trennlinie zur echten Welt aufgeweicht wird", so Merkl.

Gute Schnittstelle zum Kunden

"Die Kombination von 3D und optischer Kommunikation - also Gestik, Kleidung und andere Ausdrucksformen - ist wirklich bestechend. Filialen in Second Life sind eine gute Schnittstelle zum Kunden. Bei Entwicklungen wie dieser muss man Augen und Ohren offen halten", gab sich auch Harald Leitenmüller, Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Österreich, überzeugt. "Second Life lehrt uns viel über das Einkaufserlebnis, das sich die Konsumenten wünschen. Dazu müssen sich die Unternehmen aber den Kunden öffnen, denn nur die flexibelsten werden überleben", erklärte Martina Klenkhart von Hewlett-Packard (HP).

Auch "böse und unkontrollierbar"

Potenzial für die Wirtschaft sieht auch Rainer Friedl, Technik-Vorstand des Web-Consulters diamond:dogs. "Diese Gemeinschaften sind einfach zu verlockend, als dass man sie nicht nützen würde. Außerdem entscheiden sie immer stärker über Erfolg oder Misserfolg. In China und Indien sind beispielsweise Leute damit beschäftigt, positive oder negative Kritik in Foren oder Blogs zu schreiben - und das für einen Euro pro Stunde", gab er zu bedenken. "Virtuelle Gemeinschaften müssen als Markt wahrgenommen werden, der bisher nicht existiert hat. Das darf aber kein Lippenbekenntnis sein, sondern muss gelebt werden. Die Community ist nicht nur nett, sondern auch böse und unkontrollierbar", sagte Alexander Szlezak, Geschäftsführer von Gentics Software. (APA)